Nachruf:Kanone mit Verspätung

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Er war ein kerniger Ruhrpottler: Lothar Kobluhn im Trikot von Rot-Weiß Oberhausen. (Foto: imago/Horstmüller)

RW Oberhausen trauert um Lothar Kobluhn. Der kernige Ruhrpottler schaffte etwas, das nach ihm bis heute kein Spieler schaffte: Als Verteidiger schoss er in einer Saison die meisten Tore in der Bundesliga.

Von Ulrich Hartmann

Den "eigentlichen Höhepunkt" seiner Fußballer-Karriere, wie er selbst sagte, erlebte Lothar Kobluhn erst als Rentner. Er feierte seinen 65. Geburtstag, als er am 12. April 2008 mit fast 37-jähriger Verspätung die metallene Torjägerkanone des Fußballmagazins Kicker erhielt - und zwar für jene 24 Bundesliga-Treffer, die er in der Saison 1970/71 für Rot-Weiß Oberhausen geschossen hatte. Wegen des Bundesliga-Bestechungsskandals hatte der Kicker die Verleihung der Kanone seinerzeit ausgesetzt. Oberhausen war mit zwei Spielen in die Affäre involviert gewesen, aber Kobluhn wiederholte wütend: "Ich hatte mit diesen Schiebereien überhaupt nichts zu tun." Erst 2008 wurde er vom Magazin begnadigt.

Es war nicht das einzige Mal, dass sich der gebürtige Oberhausener ungerecht behandelt fühlte. Bayern Münchens Gerd Müller, der in den zwei Jahren vor ihm und in den drei Jahren nach ihm jeweils Bundesliga-Torschützenkönig war, habe ihn keines Blickes mehr gewürdigt, behauptete Kobluhn später. Obwohl Kobluhn bis heute der einzige Defensivspieler war, der jemals die meisten Tore in einer Bundesliga-Saison erzielt hat, war er auch der einzige Bundesliga-Torschützenkönig, der nie für die deutsche Nationalmannschaft spielte.

Und noch ein historisches Bonmot widerfuhr dem kernigen Ruhrpottler: Im Oktober 1970 sah er bei einer 1:4- Niederlage in Kaiserslautern in der 36. Minute als erster Spieler die damals neu eingeführte rote Karte. Er hatte Schiedsrichter Dieter Heckeroth für eine zweifelhafte Elfmeterentscheidung ausgelacht, den Strafstoß verwandelte Otto Rehhagel. Kobluhn bestritt 107 Ligaspiele für Oberhausen und schoss 36 Tore, später spielte er auch noch für Wattenscheid 09. Wie erst jetzt bekannt wurde, ist Kobluhn am 21. Januar mit 75 Jahren verstorben.

© SZ vom 04.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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