Nach Doping-Geständnis:T-Mobile lässt Radsportzukunft offen

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Der Bonner Telekom-Konzern hat erstmals einen möglichen Ausstieg aus dem Radsport nicht mehr ausgeschlossen. Auch Teamchef Rolf Aldag steht zur Disposition.

"Momentan stellt sich die Frage nicht, aber wir unterziehen diese Frage einer ständigen Überprüfung und können keine Garantie für die Ewigkeit abgeben", sagte Telekom-Kommunikationschef Christian Frommert.

Man werde in den nächsten Tagen zu "einer ganz klaren Entscheidung kommen", ob das bis 2010 zugesagte Engagement beim T-Mobile-Team bestehen bleibe.

Dies gelte auch für die weitere Zusammenarbeit mit Rolf Aldag als sportlichem Leiter: "Wir werden mit ihm völlig offen reden", kündigte Frommert an. Nach dem Doping-Geständnis von Ex-Profi Bert Dietz am Montag in der ARD ist Aldag verstärkt in den Verdacht zumindest der Mitwisserschaft geraten. Er hatte dies stets bestritten.

Weitere Konsequenzen

Dietz, von 1994 bis 1998 Mitglied des Telekom-Teams, hatte neue konkrete Vorwürfe gegen die Teamärzte Lothar Heinrich und Andreas Schmid von der Freiburger Uniklinik, gegen die bereits die Staatsanwaltschaft ermittelt, erhoben. Zum Ende der Saison werde Freiburg nicht mehr zuständig sein für die sportmedizinische Betreuung, sagte der Kommunikationschef von T-Mobile, Christian Frommert, der Frankfurter Rundschau.

Aldag, der zuletzt geleugnet hatte, von der offensichtlich flächendeckenden Doping-Praxis im Team in den 90er Jahren etwas mitbekommen zu haben, wurde für den Neuanfang nach dem Ullrich-Eklat vor der Tour de France 2006 zum Teamchef der "neuen" T-Mobile-Mannschaft gemacht. Heinrich, dem Dietz in der ARD-Sendung "Beckmann" wie zuvor der Ex-Betreuer Jeff d'Hont aktives Doping vorwarf, wurde damals an die Spitze der neuen, strengen Anti-Doping-Bewegung im Bonner Team gestellt.

"Das klang ehrlich und er hat klar gemacht, dass wir das schwächste Glied in einer Kette sind. Fahrer werden gekündigt oder suspendiert, während andere sich weiterhin den Hintern im Begleitwagen platt sitzen dürfen", sagte der Ansbacher Radprofi Jörg Jaksche, der am Mittwoch in Frankreich bei der Tour de Lorraine sein Debüt für das Tinkoff-Team geben soll, nachdem ihn die Mannschaft wegen seiner Verwicklungen in die Doping-Affäre Fuentes vor dem Giro-Start vorübergehend suspendiert hatte.

"Wer noch im System ist, kann sich nicht outen, ohne direkt seinen Job zu riskieren", sagte Dietz und nannte damit den Hauptgrund für das eiserne Radsport-Gesetz des Schweigens und Wegschauens. Dietz fordert für den dringend erforderlichen Neuanfang des verseuchten Radsports eine Amnestie, mit kompletter Aufarbeitung der Vergangenheit ohne Strafandrohung. Dem stimmte auch Jaksche zu: "Dazu bräuchten wir eine Art Friedensrichter."

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