Nach Chaos in Paris:Olympia-Macher sind beunruhigt

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Gewalt und Diebstähle, aufgebrachte Fans und eine völlig überforderte Polizei: Nach dem Chaos beim Champions-League-Finale blickt die Sportwelt sorgenvoll auf die Olympischen Spiele in Paris. Die Sicherheit beim Mega-Event in zwei Jahren bereitet nicht bloß den Veranstaltern Kopfzerbrechen. Selbst Frankreichs Präsident ist alarmiert.

Emmanuel Macron forderte seine Regierung am Mittwoch höchstpersönlich dazu auf, die Vorfälle am vergangenen Wochenende zu untersuchen. Der Präsident wolle, "dass Licht auf das geworfen wird, was wirklich passiert ist, in voller Transparenz und sehr schnell", ließ Macron nach einer Kabinettssitzung über Sprecherin Olivia Gregoire ausrichten. "Ich entschuldige mich", sagte sie und betonte: "Können wir Dinge besser machen? Ja." Präsident Macron gehe es darum, Transparenz rund um das Einlasschaos herzustellen und die Abläufe zu verbessern.

Zwei Untersuchungen dazu liefen auch mit Blick auf die Olympischen Spiele 2024, um die Sicherheit im Stadion, die Abläufe in der Umgebung sowie den Transport zu optimieren. Für Frankreich geht es bei der Aufarbeitung der Szenen am Samstag längst nicht mehr um bloße Aufklärung, man befürchtet, auch weniger Großevents zu bekommen. Zumal inzwischen auch Berichte über rund um das Stadion marodierende Banden die Runde machen. 238 Verletzte, 105 Festnahmen - so lautet die nüchterne Bilanz rund um die Partie zwischen dem FC Liverpool und Real Madrid.

Die Olympia-Macher in Paris sind jedenfalls beunruhigt. Tony Estanguet, der Organisationschef der Sommerspiele 2024, schaut mit Argusaugen auf die längst nicht abgeschlossene unabhängige Untersuchung der Vorfälle durch die Europäische Fußball-Union (Uefa). "Wir werden sehr genau hinhören, was das Ergebnis der Analyse sein wird", sagte Estanguet der französischen Nachrichtenagentur AFP. Man werde "alle Lehren" daraus ziehen. Andere haben ihr Urteil längst gefällt. Während der von Macron weiterhin gestützte Innenminister Gerald Darmanin die Schuld am Montag lapidar bei Ticketfälschern und zu spät angereisten britischen Fans ablud, rückt bei Fanvertretern ein mögliches Behördenversagen immer mehr in den Fokus. Die Polizei war offensichtlich überfordert, es seien, das sagte selbst Mathieu Valet von der Polizeigewerkschaft SICP der BBC, für diese Situation zu wenige Beamte im Einsatz gewesen.

"Wir befinden uns in einem Land, das Schwierigkeiten hat, Fans zu verwalten, das nicht weiß, wie es geht, oder das immer weniger dazu in der Lage ist", sagte Ronan Evain, Geschäftsführer der Fan-Interessenvertretung Football Supporters Europe (FSE). Man müsse sich nun die Probleme wie den Verkehrsplan rund um das Stade de France - 2024 Austragungsort der Leichtathletik- und Rugby-Wettbewerbe - sowie die Zugangsbedingungen und die Kontrolle genau ansehen, um sie zu lösen, so Evain. Der britische Journalist und Autor Adrian Tempany schrieb bei Twitter von der "zweitschlechtesten" Erfahrung, "die ich je bei einem Fußballspiel hatte, nach Hillsborough". Diskutiert wird auch die Rolle einheimischer Unruhestifter. Laut Augenzeugenberichten soll es zu Überfällen und Angriffen auf Menschen gekommen sein, ohne dass Ordnungshüter einschritten.

© SZ vom 02.06.2022 / dpa, sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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