Motorsport:Wechseln in der Formel 1

Lesezeit: 2 min

Auf der Rennstrecke ist in der laufenden Formel 1-Saison längst Langeweile eingekehrt. Wesentlich spannender gestaltet sich dagegen das Wechselspiel der Piloten.

Ralf Schumacher hängt hinterher. Aus dem Plan, in der nächsten Woche beim Großen Preis von Ungarn wieder in ein Formel-1-Auto zu klettern, wird nichts. Zwei gebrochene Rückenwirbel verhindern, dass der 29-jährige sieben Wochen nach seinem Unfall in Indianapolis wieder an den Start geht. Drei Ärzte - unter ihnen der Formel-1-Mediziner Sid Watkins - verweigerten dem BMW-Williams-Piloten das ,Okay'. Schumachers Manager Willi Weber bestätigte der Bild-Zeitung am Mittwoch: "Es wurde die Knochendichte gemessen und festgestellt, dass die beiden Wirbel noch nicht wieder so verhärtet sind, wie wir uns das gewünscht hätten." - "Jetzt noch so ein Unfall wie in Indianapolis, und Ralf könnte querschnittsgelähmt sein."

Als die Zeilen am Donnerstag erschienen, verkündete die ansonsten penibel gepflegte Homepage des Chauffeurs noch munter: "Ich freue mich auf Ungarn!" Neben Knochendichte sucht Ralf Schumacher derzeit auch einen neuen Sprecher. Erst im Laufe des Tages kam sein Manager dazu, die Meldung zu bestätigen und das Sprachrohr seines Klienten mit einem Satz zu aktualisieren: "Ich fühle mich gut, aber es ist wohl besser, wenn ich auf die Ärzte höre."

Ersetzt wird Ralf Schumacher wohl durch den 23-jährigen Testfahrer Antonio Pizzonia (Brasilien), der den Deutschen bereits auf dem Hockenheimring vertrat und dabei als Siebter zwei WM-Punkte einfuhr. Als Alternative steht der zweite Testfahrer bereit: der 30-jährige Spanier Marc Gené, der in Magny-Cours und Silverstone für Schumacher eingesprungen war. Einen anderen Kandidaten darf der Rennstall nicht einsetzen, da eine Regel des Automobilweltverbandes vorschreibt, dass pro Saison maximal vier Fahrer ins Volant greifen dürfen. Die Möglichkeit, bei den noch ausstehenden Wettfahrten bereits einen Nachfolger für Ralf Schumacher auszuprobieren, entfällt damit.

Schumacher für Trulli

Schumacher wird 2005 für Toyota seine Runden drehen. Mit wem, ist noch offen. Seit Mittwoch ist für das zweite Cockpit der 28-jährige Ricardo Zonta ein Thema. Der japanische Konzern, der seine Formel-1-Aktivitäten aus einer Dependance in Köln steuert, gab bekannt, dass der brasilianische Testpilot ab sofort seinen Landsmann Cristiano da Matta als Stammfahrer ersetzt. In den ausstehenden sechs Rennen soll er sein Können zeigen. Als weiterer Kandidat für einen Toyota-Vertrag gilt Jarno Trulli, derzeit noch in Diensten von Renault.

Ralf Schumacher hat sich bereits für den 30-jährigen Italiener als Stallgefährten ausgesprochen ("Meine erste Wahl"), Trulli seinen Abschied von Renault mitgeteilt, und die Franzosen haben auch bereits einen Nachfolger bekannt gegeben: den 31-jährigen Italiener Giancarlo Fisichella, der sein Geld bisher beim Schweizer Sauber-Team verdiente, wo sich neben dem Brasilianer Felipe Massa nun eine Lücke auftut. Noch vor einigen Jahren wurden solche Leerstellen gerne als Lehrstellen an Nachwuchsfahrer vergeben. Doch danach sieht es im Moment nicht aus. Die Teamchefs haben die Kraft, die aus der Routine kommt, wieder schätzen gelernt, und es sind genügend erfahrene Piloten auf dem Markt.

Etwa: David Coulthard, 33, 169 Rennen, tadelloses Auftreten, ordentliche Referenzen von Williams und McLaren. Oder: Nick Heidfeld, 27, 78 Rennen, Prost-, Sauber- und Jordan-erfahren, im gewaltigen Automarkt Deutschland aufgewachsen. Vor einigen Wochen sollte er bei Williams einige Testrunden drehen - mit Perspektive für 2005. Inzwischen hat die Mannschaft zwar den 27-jährigen Australier Mark Webber (bisher Jaguar) unter Vertrag genommen - aber immer noch einen Platz frei. An wen der geht, will Chef Frank Williams erst im September verraten. Mindestens bis dahin wird das Rate-Wechselspiel mit den prominenten Kandidaten noch anhalten.

Die jüngste Wendung dabei: Nach Informationen der Münchner Boulevardblätter Abendzeitung und tz verhandelt Mika Häkkinen, 36, 161 Rennen, 1998 und 1999 Weltmeister auf McLaren-Mercedes zurzeit nicht mehr mit Williams über die Möglichkeit eines Comebacks, sondern mit dem Rennstall BAR-Honda. Der Streichkandidat in diesem Team: Takuma Sato, 27, Japan.

© Süddeutsche Zeitung vom 6.8.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: