Montagsspiel:Ohne Fahnen und Gesänge

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Gegen die erstmalige Ansetzung wollen die Frankfurter Fans protestieren, indem sie ihr wertvollstes Gut verweigern: ihren Beitrag zur Stimmung.

Von Frank Hellmann

Von Axel Hellmann, Mitglied des Vorstands von Eintracht Frankfurt, ist nicht zu behaupten, sich fernab der Lebenswirklichkeit zu bewegen. Der zweifache Familienvater war einer der Begründer der Fan- und Förderabteilung der Eintracht, die inzwischen mehr als 30 000 Mitglieder hat. Ihnen schenkt der 46-Jährige bei einem Anliegen genauso Gehör wie gerade erst wieder am Freitagnachmittag Christian Seifert, dem Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL).

Worüber sich die beiden Funktionäre vor dem Wochenende ausgetauscht haben, liegt auf der Hand: Am Montag steht das erste Montagsspiel der laufenden Bundesliga-Saison an: Eintracht Frankfurt gegen RB Leipzig, der Überraschungsvierte der Bundesliga gegen den Tabellenzweiten.

Aber über den sportlichen Aspekt spricht im Vorlauf kaum jemand. Sondern einzig und allein über den umstrittenen Termin. Montagabend, 20.30 Uhr, empfangbar allein auf dem Eurosport-Player. Für die aktive Frankfurter Fanszene ist das alles zu viel. "Wir werden den Verkäufern des Fußballs nicht den Rahmen bieten, den sie sich erhoffen, um ihr 'Premiumprodukt' zu vermarkten", teilten die Ultras vor dem Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach vor drei Wochen mit. "Montagsspiele sind eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf."

In Dortmund bleiben Fans fern, in Frankfurt bleiben sie still

Anders als das "Bündnis Südtribüne", das dem Heimspiel von Borussia Dortmund gegen den FC Augsburg am Montag darauf (26. Februar) durch Nicht-Erscheinen die rote Karte zeigt, geht der harte Kern der Adlerträger in die Arena. Aber sie wollen sich still verhalten. 90 Minuten lang. Keine Gesänge, keine Anfeuerung. Zudem schreibt die Fanvereinigung Nordwestkurve e.V. in einem Aufruf: "Wir appellieren an alle Eintracht-Fans, ihre Fahnen, Banner und Zaunfahnen zu Hause zu lassen und auf die Unterstützung der Mannschaft zu verzichten, auch wenn es schwerfällt, zumal die Jungs eine großartige Saison spielen!"

Hellmann, seit 2001 auf präsidialer Ebene in diesem stimmungsanfälligen Traditionsverein tätig, kann die Proteste irgendwie verstehen. Der Jurist veröffentlichte am Donnerstag im Fachmagazin Kicker einen Gastbeitrag, der vielen Anhängern aus der Seele gesprochen haben dürfte. Wörtlich hieß es darin: "Der Montag war bisher ein ungeliebter Zweitliga-Spieltag, jetzt gibt es fünf Erstligaspiele, und viele Fans befürchten, dass es irgendwann zehn Spiele werden und der Montag zu einem Regel-Ausweichspieltag wird. Ich verstehe, wenn sie sagen: Wehret den Anfängen!"

DFL-Boss Seifert stellte jetzt am Rande der Vorstellung des Liga-Reports 2018 noch einmal klar, dass es bei dem Termin nicht um kommerzielle Gründe gehe: "Die Montagsspiele machen weniger als ein Prozent der Gesamtumsätze aus." Und: "Wir reden über fünf von 306 Saisonspielen. Es ist nicht geplant, dass es mehr werden. Und die Chance, dass es weniger werden, ist eher größer als kleiner." Also nur viel Lärm um nichts?

Wer die einschlägigen Fanforen durchstöbert, stellt schnell fest: Die Kritik wird teilweise sehr differenziert vorgetragen und zielt nicht allein auf die Kommerzialisierung ab, sondern die Tatsache, dass Auswärtsfahrer kaum dabei sein können, ohne Urlaub zu nehmen. Und vielleicht wäre es auch eine bessere Strategie gewesen, den montäglichen Piloten schon in der Hinrunde starten zu lassen, als in der Europa League mit der TSG Hoffenheim, Hertha BSC sowie dem 1. FC Köln, tatsächlich noch drei Vertreter beschäftigt waren, die nach Donnerstag-Aufritten Erholung brauchten. Nun kann das dritte angesetzte Montagsspiel - Werder Bremen gegen 1. FC Köln (12. März) - mitnichten mit internationaler Belastung in Verbindung gebracht werden.

Bei der Eintracht klagen auch Sponsoren über den Termin

Es gibt also Redebedarf. "Die Bundesliga gehört allen, deshalb muss man die Argumente der Basis hören", sagt Eintracht-Vorstand Hellmann. Es stimmt ja zweifelsfrei, dass es Anfang der 1990er Jahre teils doppelt so viele Spiele in der Woche gab wie heute, wo nur noch maximal zwei Wochenspieltage in den bis 2021 festgezurrten Fernsehverträgen zugelassen sind. Dennoch hat der Montagstermin eine zu große Symbolwirkung, um die Debatte zu ersticken.

Der Eintracht-Vorstand sieht sich mitten in einem typischen Zielkonflikt. "Wir versuchen uns an der Quadratur des Kreises und schleichen uns um eine Grundsatzdiskussion herum. Vielleicht war uns allen nicht klar, dass der Montag viel stärker beim Zuschauer in der Kritik steht als wir dachten. Und sie nur auf die Ultras zu reduzieren, wird der Sache nicht gerecht. Wir haben auch Rückmeldungen von Sponsoren, die damit nicht glücklich sind."

Der 46-Jährige sieht daher Handlungsbedarf noch während der laufenden Rechteperiode: "Wenn wir einen Fehler gemacht haben, müssen wir versuchen, das im Rahmen des rechtlich Machbaren zu korrigieren." Das könne eingedenk der längst geschlossenen Verträge natürlich nur in einer einvernehmlichen Lösung mit dem Rechteinhaber geschehen. "Niemandem kann daran gelegen sein, Montagsspiele zu übertragen, in denen keine Stimmung ist und der Protest alles überlagert." Sein Fazit: "Ich glaube, dass der Montag keine große Zukunft haben wird, wenn wir alle Vibrationen aufgreifen."

© SZ vom 18.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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