Meister Adler Mannheim:Zermürber auf Eis

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Wenn am Freitag die 26. Saison der Deutschen Eishockey Liga anbricht, wird Titelverteidiger Adler Mannheim von allen gejagt ... (Foto: Uwe Anspach/dpa)

Mannheim stürzt den EHC München und feiert die erste Eishockey-Meisterschaft seit vier Jahren. Die Adler profitieren besonders von den Qualitäten ihres Trainers Pavel Gross. Als Vorbild sehen sie nun ihren unterlegenen Gegner.

Von Christian Bernhard

Die Antwort war kurz, Matthias Plachta benötigte nur ein Wörtchen. Alles, antwortete der Stürmer der Mannheimer Adler auf die Frage, was jetzt gehe. Bevor er dann doch noch anstandshalber ein paar Worte hinzufügte. "Heute geht alles. Und alles ist erlaubt." Er wolle den Moment erst einmal mit der Familie genießen, "dann reißen wir vielleicht noch die Arena ab." Eishockeyspieler sind harte Jungs.

Plachtas Adler Mannheim haben sich am Freitagabend einen Traum erfüllt, dem sie seit vier Jahren hinterher gerannt waren. Durch den 5:4-Sieg nach Verlängerung gegen den EHC Red Bull München machten die Kurpfälzer ihren achten deutschen Eishockey-Meistertitel perfekt. "Es gibt kein besseres Gefühl", sagte Adler-Geschäftsführer Daniel Hopp, der von einer "Bilderbuchsaison" seiner Mannschaft sprach. Diese Aussage war selten so leicht mit Zahlen zu untermauern, wie in dieser Spielzeit. Mit 116 Punkten hatten die Mannheimer bereits in der Hauptrunde einen neuen Punkterekord in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) aufgestellt. In den Playoffs verloren sie nur zwei ihrer 14 Partien und sicherten sich den Titel ähnlich souverän wie die Münchner bei ihren Triumphen 2016 und 2017.

Die Münchner, die die drei vorangegangenen Meisterschaften gewonnen hatten, gratulierten artig. "Wer oben steht, hat es verdient. Darüber brauchen wir nicht zu reden", sagte Frank Mauer, der bei Mannheims letztem Triumph im Jahr 2015 noch das Adler-Trikot getragen hatte. EHC-Kapitän Michael Wolf erklärte nach seinem 782. und letzten DEL-Spiel, die Adler seien "einfach immer ein Quäntchen besser als wir" gewesen. Den Münchnern erging es wie zuvor schon unzähligen Tennisprofis, die Rafael Nadal bei den French Open gegenüber standen. Ihr Gegner hatte immer die bessere Antwort parat. Und das zermürbt früher oder später.

Mannheim erfüllt die "Mission"

Marcus Kink, mit 812 DEL-Einsätzen Mannheims Rekordspieler, erklärte, diese Saison habe sich wie eine "Mission" angefühlt. "Wir sind gestartet, hatten ein Ziel und haben es durchgezogen." Vor etwas mehr als einem Jahr hatten die Ziele noch ganz anders gelautet. Im Januar 2018 dümpelte der Traditionsverein noch auf Rang zwölf der 14er-Liga herum und drohte, selbst die Pre-Playoffs zu verpassen. Nach jener Saison, die mit dem Halbfinaleinzug zumindest noch halbwegs versöhnlich geendet war, machte der Klub einen radikalen Schnitt und krempelte die gesamte sportliche Führung um. "Wir hatten einen langen Weg vor uns, die letzten Jahre liefen nicht so, wie wir es uns vorgestellt hatten", sagte Marcel Goc. Aus der Meistersaison 2015 waren nur noch Torhüter Dennis Endras, der zum wertvollsten Spieler der Playoffs gekürt wurde, sowie Sinan Adag, Denis Reul, Kink und Plachta dabei.

Der Mann, der dafür sorgte, dass der Erfolg nach Mannheim zurück kam, heißt Pavel Gross, er ist der Trainer der Adler. Vom 20. Juli an habe die ganze Mannschaft "extrem hart" gearbeitet, sagte Endras. "Wer Pavel kennt, weiß, dass das keine Lüge ist." Plachta schloss sich dieser Analyse an: "Es ist kein Geheimnis, dass es für uns Spieler kein leichtes Jahr war." Cody Lampl erklärte sogar, die zu Ende gegangene Saison sei das "härteste Jahr meines Lebens" gewesen. Der Verteidiger stand sinnbildlich für die beeindruckende Tiefe im Adler-Kader. Nachdem er in den ersten drei Finalspielen auf der Tribüne gesessen war, kam er in den letzten zwei für Akdag ins Team - und traf in beiden Partien.

Gross bedankte sich dafür, "die Chance" erhalten zu haben, die Adler zu trainieren. "Diese haben wir wahrgenommen", sagte er stellvertretend für das ganze Trainerteam. Dann lobte er seine Spieler. "Super Charaktere" seien sie, dazu "gute Leute und gute Spieler". Die Botschaft, die ihm am wichtigsten war, lautete: "Wir haben hier keine Stars. Wir denken, das sind Stars, aber das sind keine. Das ist eine Mannschaft." Dreimal war Gross als Trainer schon im DEL-Endspiel gestanden, dreimal hatte er gegen von Don Jackson trainierte Teams verloren.

Kombination aus Kraft und Qualität

Auf dem von goldenen Konfetti bedeckten Mannheimer Eis kündigte er nun an, dass "wir bestimmt viel Bier" trinken werden. "Nicht nur heute, wahrscheinlich die nächsten drei Tage." Vom früheren Adler-Spieler, der die Mannheimer von 1997 bis 1999 dreimal als Kapitän zum Titel geführt hatte, fiel in diesen Momenten all die Anspannung ab. Gross war speziell in der Endspiel-Serie so fokussiert, dass er vor den Finalspielen nicht einmal für die eigentlich üblichen kurzen TV-Interviews zur Verfügung stand.

Seine Verbissenheit sollte dafür sorgen, dass sich die Adler nicht ausruhen und auch in der nächsten Saison ihre beeindruckende Kombination aus Kraft und Qualität aufs Eis bringen werden. Hopp sagte, er tue sich ein bisschen schwer damit, von einer Ära zu sprechen, da "wir nach unseren letzten Meisterschaften immer große Probleme hatten". Er verwies darauf, dass der Klub nächste Saison mit derselben Konsequenz an die Sache herangehen müsse. "Das hat München in den letzten Jahren vorgemacht. Das muss unser Vorbild sein." Die Spieler blickten nicht so weit nach vorne: "Wir sind eine Mannschaft, wir machen alles zusammen", sagte Stürmer Markus Eisenschmid. "Wenn die Mannschaft drei Tage lang feiert, feiere ich auch drei Tage."

© SZ vom 28.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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