Mayer in Wimbledon:Endstation Grosjean

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Bei seinem Wimbledon-Debüt hat Florian Mayer das erste Grand-Slam-Halbfinale seiner Tenniskarriere verpasst.

Florian Mayer ist gescheitert, die große Sensation blieb dem Wimbledon-Newcomer verwehrt. Der 20 Jahre alte Bayreuther scheiterte in seinem ersten Viertelfinale bei einem Grand-Slam-Turnier mit 5:7, 4:6, 2:6 an seinem Gegner Sebastien Grosjean und seiner mangelnden Erfahrung. In einer weitgehend ausgeglichenen Partie gelangen dem an zehn gesetzten Vorjahres-Halbfinalisten aus Frankreich in den entscheidenden Phasen die Punkte und so hatte er das bessere Ende für sich und trifft nun auf Titelverteidiger Roger Federer.

Dennoch konnte der deutsche Youngster zu Recht stolz auf das beste Turnier seiner Karriere sein. Die Top-50 in der Weltrangliste hat er wohl erreicht und ein Preisgeld von 117.000 Euro sind auch kein schlechter Trost. Untröstlich war dagegen Tim Henman und Großbritannien trägt nur sechs Tage nach dem Elfmeter-Aus seiner Kicker bei der Europameisterschaft erneut Trauer. Auch in seinem elften Versuch schaffte es der Liebling der englischen Fans nicht, als erster Einheimischer seit Fred Perry 1936 das bedeutendste Tennisturnier der Welt zu gewinnen.

"Tiger Tim" von "Super Mario" gestoppt

Henman scheiterte mit 7:6 (7:5), 6:4, 6:2 an dem erst 20 Jahre alten Kroaten Mario Ancic, der im Halbfinale nun auf den US-Amerikaner Andy Roddick trifft. Der Weltranglistenzweite setzte sich 7:6 (7:4), 7:6 (11:9), 6:3 gegen den Niederländer Sjeng Schalken durch. Der große Favorit Roger Federer gewann knapp vor Einbruch der Dunkelheit mit 6:1, 6:7 (1:7), 6:0, 6:4 gegen den Australier Lleyton Hewitt.

Bei den Damen stehen sich am Donnerstag im Halbfinale Titelverteidigerin Serena Williams aus den USA und die Französin Amelie Mauresmo gegenüber. Die 22 Jahre alte Vorjahressiegerin bezwang im Viertelfinale wie im Vorjahr ihre Landsfrau Jennifer Capriati in einer enttäuschend einseitigen Partie mit 6:1, 6:1.

Mauresmo besiegte die Argentinierin Paola Suarez mit 6:0, 5:7, 6:1. Am Dienstag hatten sich bereits Lindsay Davenport (USA) und Maria Scharapowa (Russland) für die Vorschlussrunde qualifiziert.

Mayer hatte sich am Nachmittag eine Dreiviertelstunde lang locker mit Coach Ulf Fischer eingeschlagen, wirkte aber vor dem bislang größten Match seiner Laufbahn völlig ruhig: "Ich habe ausgezeichnet geschlafen." Aber als es drauf ankam, wirkte er angespannter, als in den ersten Runden und konnte viele Chancen nicht nutzen. Mayer fand dennoch bei seinem ersten Auftritt auf einem der beiden Hauptplätze von Wimbledon besser in die Partie. Nach einem Break im ersten Spiel führte er schnell 2:0 und 3:1 musste aber den Ausgleich zum 3:3 hinnehmen.

Grosjean mit Routine

Der Weltranglisten-13. Grosjean fing sich danach. Als Mayer bei 5:5 drei Breakchancen nicht nutzen konnte, nutzte der routinierte Franzose anschließend seine erste Gelegenheit zum Satzball. Mayer waren im ersten Durchgang insgesamt zehn vermeidbare Fehler unterlaufen - soviele wie im gesamten Achtelfinale gegen Joachim Johansson. Auch im zweiten Durchgang ging Mayer schnell 2:0 in Führung, konnte den Vorsprung aber erneut nicht halten und kassierte wieder das entscheidende Break beim Satzball zum 4:6. Im dritten Satz ging Grosjean dann schnell mit 3: 1 in Führzung und brachte die Partie noch vor der einsetzenden Dunkelheit zu Ende.

Auf dem Centre Court kam lange vorher bereits der Geist von Goran über den 29-jährigen Henman. Der neun Jahre jüngere Mario Ancic aus Kroatien, der seinem Idol Goran Ivanisevic verblüffend ähnelt, servierte Henman mit erstaunlicher Kaltschnäuzigkeit ab und zog damit erstmals in seiner Laufbahn in das Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers ein. "Das ist eine große Enttäuschung", sagte Henman, der weiß, dass es immer schwieriger wird, sein großes Ziel jemals zu erreichen: "Viele Jahre habe ich nicht mehr." Gegen Ancic erlebte Henman den Schrecken von 2001 erneut, als er im Halbfinale gegen den ungesetzten Goran Ivanisevic unterlag.

"Diese Niederlage tut mir immer noch am meisten weh", sagte er vor dem Turnier. Nun hat Ivanisevics Nachfolger mit ähnlichem Spiel Henman ein Bein gestellt. Ancic schlug erstklassig auf und vollierte brillant. Dazwischen immer wieder großartige Passierschläge. "Ich fühle mich in diesem Jahr sehr gut in Form", sagte der 20-Jährige, der wie Ivanisevic aus Split stammt, und vor dem Match wieder eine SMS von seinem Freund erhalten hatte: "Er hat mir Glück gewünscht."

Ancic hat an den Centre Court an der Church Road ohnehin ausgezeichnete Erinnerungen, wo ihm in seinem bislang einzigen Match ebenfalls eine große Überraschung gelang. Vor zwei Jahren schlug er dort in der ersten Runde Roger Federer. Es war die letzte Niederlage des Schweizers auf Rasen. Seitdem hat Federer 22 Rasenmatches in Folge gewonnen. "Wir wussten alle, wie talentiert er ist", sagte Boris Becker über Ancic, "jetzt hat er in einem großen Match gzeigt."

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