Manipulationsvorwürfe:Zeit der Ermittlungen

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Erst gab es Hinweise in den Medien, nun sind in München und Köln die Staatsanwälte gefordert. Im Süden richtet sich der Verdacht gegen Wettbürobetreiber, im Westen bleiben Bayer Leverkusen und Reiner Calmund im Visier der Ermittler.

Im Zusammenhang mit dem Wettskandal im deutschen Fußball ermittelt die Münchner Staatsanwaltschaft I gegen Wettbürobetreiber. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens seien in der vergangenen Woche mehrere Objekte in München und Nürnberg durchsucht worden, bestätigte Oberstaatsanwaltschaft Anton Winkler nun einen entsprechenden Bericht des Nachrichtenmagazins Focus.

Da die Auswertungen der Erkenntnisse noch andauern, sei eine abschließende Bewertung noch nicht möglich, teilte Winkler mit. Er stellte zudem fest: "Fußballspieler waren von dieser Maßnahme nicht betroffen."

Laut Focus stehen drei Beschuldigte in dem Verdacht des "gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs". Sie sollen mehrere Fußballspiele manipuliert haben, darunter das Eröffnungsspiel der Münchner Allianz Arena am 30. Mai 2005 zwischen dem TSV 1860 München und dem 1. FC Nürnberg (3:2).

"In vergleichbarer Weise" sollen die Beschuldigten auch drei Spiele der 1. Bundesliga manipuliert haben. Wie das Magazin berichtet, soll es sich um die Begegnungen VfL Wolfsburg gegen den 1. FC Nürnberg (1:1), Werder Bremen gegen Nürnberg (6.2) und Nürnberg gegen Arminia Bielefeld (2:3) handeln.

Der 1. FC Nürnberg stellte in einer ersten Stellungnahme fest, dass der Club keinerlei Kontakt mit der Staatsanwaltschaft oder anderen dafür zuständen staatlichen Behörden habe. "Es hat auch keinen Versuch der Kontaktaufnahme gegeben", teilte der "Club" mit. Es gebe keinerlei Berührungspunkte zu den Darstellungen des Nachrichtenmagazins.

Laut Focus fordert der Fußballclub TSV 1860 München von dem Boulevardblatt tz mindestens eine Million Euro Schadenersatz, weil es die Spieler Quido Lanzaat und Paul Agostino mit dem jüngsten Fußball-Wettskandal in Verbindung gebracht hatte.

Geschäftsführer Detlef Romeiko sagte zur Begründung: "Der Imageschaden für den Club ist groß." Der Australier Agostino verlangt nach dem Magazinbericht zudem ein Schmerzensgeld von 250.000 Euro, der Niederländer Lanzaat will nach Angaben seines Anwalts auch einen sechsstelligen Betrag. Das Blatt zitierte tz-Verleger Dirk Ippen mit den Worten: "Natürlich haben wir einen Schaden zu verkraften."

Auch die Kölner Staatsanwaltschaft geht einem Manipulationsverdacht nach: Danach könnten in der Bundesliga-Saison 2002/2003 drei Fußball-Spiele manipuliert worden sein, an denen der damals abstiegsbedrohte Verein Bayer 04 Leverkusen beteiligt war.

"Wir haben Hinweise mit Substanz, wir müssen dem nachgehen", erklärte der Kölner Oberstaatsanwalt Günther Feld am Samstag der dpa und bestätigte damit einen Bericht der Süddeutschen Zeitung.

Der Verdacht ist im Zuge der Ermittlungen gegen den früheren Bayer-Manager Reiner Calmund aufgekommen. Bei den drei Partien soll es sich um die Heimspiele der Bayer-Mannschaft gegen Arminia Bielefeld (3:1) und 1860 München (3:0) sowie das Auswärtsspiel beim 1. FC Nürnberg (1:0) handeln. "Dem Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) liegen keine Erkenntnisse vor. Wir werden die Ermittlungen abwarten", sagte DFB-Sprecher Harald Stenger.

Vorwürfe "absolut haltlos"

Auch Calmund wies über seinen Anwalt Stefan Seitz die Verdächtigungen zurück. "Die neuesten Vorwürfe hinsichtlich angeblicher Spielmanipulationen oder Kreditkarten- Unregelmäßigkeiten sind absolut haltlos", hieß es in der Erklärung.

Diese Behauptungen stellten den "letzten Versuch dar, Herrn Calmund in Misskredit zu bringen, nachdem abzusehen ist, dass die Untreuevorwürfe nicht aufrechterhalten werden können".

Gegen Calmund und den Spielerberater Volker Graul besteht derzeit nur der Verdacht auf Untreue. Dabei geht es um Bargeldzahlungen aus der Bayer-Kasse von 580.000 Euro, die für Spieleroptionen verwendet worden sein sollen. Der Ex-Manager soll dazu Anfang der Woche von der Kölner Staatsanwaltschaft vernommen werden.

Die Ermittlungen laufen nach Angaben von Feld in alle denkbaren Richtungen. "Wir haben bei unseren Ermittlungen keine Scheuklappen auf", sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft der SZ. "Es wäre unsinnig, eine Möglichkeit wie Manipulationen auszuschließen."

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