Manipulationsverdacht:Vorwürfe gegen Osnabrücker Profis

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Der DFB ermittelt im Abstiegskampf in der 3. Liga. Der Verdacht: Osnabrücker Spieler sollen von Werder Bremen II Gegenleistungen verlangt haben, damit sie sich in ihrem Spiel gegen Paderborn anstrengen.

Von Thomas Kistner, München

Wieder geht eine Saison im Profifußball zu Ende, ohne dass dem Publikum erwähnenswerte Einblicke ins medizinische oder sportpolitische Milieu dieser Milliardenindustrie gelangen. Doch nun gerät die Branche in Unruhe: In der dritten Liga steht ein Verdacht auf versuchte Spielmanipulation im Raum. Der DFB-Kontrollausschuss ermittelt gegen drei Profis des VfL Osnabrück; sie sollen eine Gegenleistung vom abstiegsbedrohten Team Werder Bremen II verlangt haben, damit sie sich in ihrem Match gegen die ebenso abstiegsbedrohten Paderborner anstrengen.

Paderborn spielte in Osnabrück 0:0 und stieg ab, Werder II sicherte durch ein 1:0 gegen Aalen den Klassenerhalt. Der Kontrollausschuss des DFB, dessen Ombudsmann Thiel von Herff Donnerstag von Bremer Spielern informiert worden war, informierte Freitagmorgen die VfL-Klubführung und reiste nach Osnabrück. Nach Spielerbefragungen am Abend suspendierte der Verein das verdächtigte Trio auf Druck des DFB. Der stellte auch Strafanzeige und setzte seine neue Ethikkommission ins Bild. Dass der Vorgang im Wettkontext zu sehen ist, gilt nach Prüfung als ausgeschlossen.

Die Osnabrücker rügen das Verhalten des DFB

Der VfL monierte, dass mit dem DFB verabredet worden sei, die Sache erst nach umfassender Ermittlung publik zu machen. Man wolle restlose Aufklärung, aber auch "unsere Spieler vor ungerechtfertigten Verdächtigungen schützen", sagte VfL-Geschäftsführer Jürgen Wehlend der Neuen Osnabrücker Zeitung. Unklar ist, ob der SC Paderborn das Spiel anfechten will. Immerhin bescherte es ihm einen trostlosen Platz in der nationalen Fußballgeschichte: Erstmals rauschte ein Klub aus der Bundesliga ungebremst bis in die vierte Liga hinab.

Der Fall ist kompliziert, weil er direkt in Grauzonen der Branche führt. Zwar können seit April 2017 Sportler strafrechtlich verfolgt werden, die sich für Spielmanipulation bestechen lassen; wo es bisher einen geschädigten Dritten brauchte, genügt jetzt der Beweis eines Versuchs. Und dem DFB liegen "konkrete" Belege für das unsittliche Angebot vor. Andererseits bräuchte es hier einen Straftatbestand dafür, dass jemand sein Bestes anbot, um zu gewinnen - was ja im Kickerberuf die Aufgabe ist.

Einfacher liegt die Sache für den DFB. Er kann sportrechtlich schon auf Basis seiner Fair-Play-Statuten operieren: Prinzipiell ließe sich jede Form von Ergebnisabsprache vor oder nach einer Partie sanktionieren. Doch was einfach klingt, würde wohl eine neue Kultur erzwingen. Nettigkeiten unter Klubs für erwünschte Resultate haben Tradition, das beginnt beim Kasten Bier als Prämie für Nachbarschaftshilfe in der Amateurliga und reicht bis zur "Wagenladung Weißwürste und Weißbier aus München", wie sie etwa der FC Bayern im Dezember dem FC Ingolstadt nachträglich zusagte - nachdem dieser RB Leipzig die erste Saisonniederlage zugefügt hatte.

In Osnabrück sind sie nun laut Wehlend besonders geschockt, weil sie ihre Profis erst Tage zuvor noch selbst für mögliche Einflussnahmen "sensibilisiert" hatten. Interessant: Diese Aufklärungsarbeit sei üblich - "gerade vorm letzten Spieltag, wenn du in so einer Phase bist wie wir".

© SZ vom 22.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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