Mainz besiegt Hertha:Kraft aus der Hymne

Lesezeit: 2 min

Die Mainzer gewinnen nach drei Niederlagen zum Start. Anders als beim Gegner, der auf Platz 18 abrutscht, fügen sich die Personalwechsel glücklich.

Von Tobias Schächter, Mainz

Als Marko Grujic zum verdienten 1:1 getroffen hatte, streckte sein Trainer Ante Covic gleichsam erleichtert wie beschwörend seine Hände Richtung Himmel. Auch die Augen blickten nach oben, ganz so als wolle sich der Trainer von Hertha BSC mit dieser Geste beim Fußballgott bedanken. Doch da waren erst 83 Minuten gespielt in Mainz und irgendwie hatten die Gastgeber am Ende doch die größere Unterstützung von ganz oben: Jeremiah St. Juste köpfte nach einer Ecke in der 88. Minute doch noch den 2:1-Siegtreffer für den FSV Mainz 05.

Vielleicht lag das ja auch an der Hymne "Meenzer Bube, Meenzer Mädcher", die der Klub kurz vor Spielbeginn eingespielt hatte. Jene Hymne also, mit der Hermann Schneider, der als "Onkel Hermann" und Frontmann der Band Batschkapp in Mainz eine Berühmtheit wurde. Ende August verstarb der "Joe Cocker vun de Vilzbach", er würde sich bestimmt gefreut haben, hätte er erlebt, dass der Blues nun aus Fußball-Mainz vertrieben ist: Nach drei Pleiten zum Saisonauftakt zog der FSV in der Tabelle an den Berlinern vorbei.

Tabellenletzter ist nun die mit ganz anderen Ambitionen angetretene Hertha. Der Blues herrscht nun also in der Hauptstadt. "Manchmal ist es schwer, den Sport zu erklären", haderte Hertha-Coach Covic nach dem Abpfiff. Dabei hatte seine Elf "unfassbare 16 Torschüsse in einem Auswärtsspiel" (Covic) zustande gebracht - und tatsächlich auch viel besser Fußball gespielt, als noch bei der 0:3-Niederlage zuletzt in Schalke. Aber die Berliner hatten eben auch nur ein Tor erzielt, besonders in der zweiten Hälfte hätten sie mehr Zählbares aus ihrer Überlegenheit ziehen können. Aber: "Im Moment müssen wir sehr viel investieren, um Tore zu erzielen", analysierte Covic: "Wir müssen die Dinger jetzt erzwingen", fordert der Trainer von seiner Mannschaft. Und Torschütze Grujic weiß: "Nächste Woche gegen Paderborn müssen wir gewinnen."

Der ins Team gerückte Matchwinner Robin Zentner wird zum Matchwinner

Beide Trainer hatten mit vielen Personalwechseln versucht, der Krise zu entkommen: Covic brachte fünf neue Profis von Beginn an, der Mainzer Trainer Sandro Schwarz nach dem 1:6 zuletzt beim FC Bayern gar sechs. Wobei sich der unfreiwillige Wechsel auf der Torhüterposition als glückliche Fügung erwies. Robin Zentner, der den verletzten Florian Müller ersetzte, glänzte mit mehreren starken Paraden und war der Matchwinner für die Mainzer, die in einer ausgeglichenen ersten Halbzeit durch Robin Quaison in Führung gegangen waren (40.). "Das war ein sehr emotionaler Sieg", freute sich Schwarz: "Heute war es extrem wichtig, nach einem solchen Nackenschlag wie dem 1:1 so zurückzukommen."

Auf beiden Seiten gab es zudem je ein prominentes Startelfdebüt: Marius Wolf, kurz vor Ende der Wechselfrist aus Dortmund nach Berlin gekommen, machte auf der rechten Seite ein unspektakuläres Spiel mit guten und weniger guten Aktionen, während Adam Szalai im Mainzer Sturmzentrum wie ein Leader agierte, auch, wenn ihm nicht alles gelang: einsatzfreudig und mitreißend. Der mittlerweile 31 Jahre alte Ungar wechselte aus Hoffenheim zurück nach Mainz, wo einst seine Bundesligakarriere begann. Er soll die langfristigen Ausfälle der beiden Offensivspieler Jean-Philippe Mateta und Dong-won Ji kurzfristig kompensieren.

© SZ vom 15.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: