Mailands Kapitän Maldini:Der ewige Paolo

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Nichts ist unmöglich, wehe vor dem Furor Milanicus der alternden Idole. Bei Inzaghi und Maldini geht es nämlich ums Ganze. Es könnte ihr letztes Match in der Champions League sein.

Birgit Schönau

Auch beim AC Mailand gibt es einen 20-Jährigen. Er heißt Yoann Gourcuff, ist Franzose, und gegen die Bayern spielt er nicht mit. Gourcuff weiß aber, worum es geht. ,,Wenn van Buyten uns zwei Tore reingesetzt hat'', sagt er, ,,kann sich jetzt in München Paolo Maldini revanchieren.'' Dazu wäre zu sagen, dass Capitan Maldini schon im Europacup spielte, als Gourcuff noch gar nicht geboren war: 8. September 1985, Milan - Auxerre.

Mailands Kapitän Maldini: noch ein großes Ziel. (Foto: Foto: dpa)

Das war Maldinis Einstand. Während Gourcuff den Kindergarten absolvierte und später dann auch eine Schule besuchte, gewann Paolo Maldini vier Mal die Champions League. Bei seinem letzten Finale, 2005 in Istanbul gegen Liverpool, machte Maldini das erste der drei Erste-Halbzeit-Tore, die den AC Mailand in den Irrglauben versetzten, der Pokal sei schon gewonnen. Liverpool zog aber gleich und gewann anschließend das Elfmeterschießen.

Istanbul geriet so nur zu einer Fußnote in der Biographie des ewigen Paolo, Sohn (von Cesare) und Vater (der erste Sohn ist schon in der Jugendmannschaft) von Milan-Fußballern. Mittelpunkt der letzten europäischen Fußballdynastie, als gebürtiger Mailänder Symbolfigur seines Klubs, Inkarnation des calcio all'italiana. Das ist Maldini, der bereits vor fünf Jahren aus der Nationalmannschaft ausschied, weil er sich zu alt fühlte.Weltmeister wurde der berühmteste noch aktive italienische Fußballer nicht. Aber für den AC Mailand spielt er noch mit fast 39 Jahren. Nach München ist er selbstredend mitgeflogen. Übrigens neben Billy Costacurta, der übernächste Woche 41 wird und wohl nur mitkommt, damit Maldini nicht der Älteste ist.

Er will nach Athen

Dabei dachte man nach einer Verletzung vor ein paar Wochen, die Saison - vermutlich seine letzte - sei für Paolo Maldini gelaufen. Er hat sich wieder aufgerappelt. ,,Ich will nach Athen'', hat er erklärt und deshalb die anstehende Meniskusoperation verschoben. Leutselig säuselte der presidentissimo Silvio Berlusconi: ,,Für mich wäre Maldini auch der ideale Mittelstürmer.'' Trainer Carlo Ancelotti, einst Maldinis Teamkollege bei Milan, würde dem Kapitän niemals den Wunsch nach einem Einsatz abschlagen. Er wird neben Maldini den gerade von viermonatiger Verletzungspause zurückgekehrten Alessandro Nesta aufbieten - einen Spieler, der ähnliche Eigenschaften hat. Elegant, kreativ, offensiv, das waren Maldini und Nesta zu ihren besten Zeiten.

Jetzt muss Massimo Oddo, unterstützt von dem in seiner Form schwankenden Marek Jankulovski oder von Giuseppe Favalli, diesen Part übernehmen. Beim 2:2 in der vergangenen Woche hatte die Milan-Abwehr keine bella figura gemacht, am wenigsten Torwart Nelson Dida, der van Buyten wenig entgegenzusetzen hatte. Zu Dida gibt es jedoch keine Alternative. Seit der WM ist Milan dicht an Gigi Buffon, doch der derzeit zweitklassig spielende Torwart von Juventus dementiert alle Gerüchte.

In München muss Ancelotti nach der Taktik spielen: Nichts ist unmöglich. Nicht ein Tor von Veteran Maldini, nicht eine Sternstunde von Dida oder ein Duo von Filippo Inzaghi. ,,So lange Inzaghi spielt, gibt es Hoffnung'', barmte am Montag die Gazzetta und erinnerte an jeweils zwei Inzaghi-Tore gegen die Bayern am 1. Oktober 2002 und am 18. März 2006. ,,Es gibt nicht zwei ohne drei'', sagt ein italienisches Sprichwort zum Gesetz der Serie. Aber Ancelotti ist nicht abergläubisch. Er kann ganz einfach nicht anders. Ronaldo darf in der Champions League nicht spielen, Alberto Gilardino (Torschütze im Hinspiel) ist gesperrt. Und weil der Trainer vor dem nimmermüden Kakà wenigstens eine Spitze aufbieten muss, kommt er um Filippo Inzaghi nicht herum.

Inzaghi ist der erfolgreichste italienische Torschütze in Uefa-Wettbewerben. 55 Treffer gehen auf sein Konto, 35 davon in der Champions League. Beeindruckende Zahlen sind das, die erahnen lassen: Filippo Inzaghi - Europacup-Debüt 1995 - ist mit seinen 33 Lenzen auch nicht gerade ein Mann der Zukunft. Wegen einer langwierigen Knöchelverletzung ist er sichtlich langsamer geworden. Gegen die Bayern wird er deshalb wohl einen Klassiker aus seinem Repertoire spielen: Immer am Rande des Abseits lauern und mit einem kurzen Sprint in Richtung Tor stoßen. Nichts ist unmöglich, wehe vor dem Furor Milanicus der alternden Idole. Bei Inzaghi und Maldini geht es nämlich ums Ganze. Es könnte ihr letztes Match in der Champions League sein.

© SZ vom 11.4.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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