Lukas Podolski:Aus Fürsorge ignoriert

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Jürgen Klinsmanns Maßnahme, Lukas Podolski gegen die Niederlande zu schonen, trägt bereits erste Früchte: Der Kölner Fußballstar kommt nach dem Rummel um seine Person offenbar endlich etwas zur Ruhe.

Eigentlich hätte Lukas Podolski, 20, ohnehin keine Zeit für das Länderspiel gehabt. Als guter Katholik und ebenso guter Kölner nimmt er dieser Tage selbstredend Anteil am Weltjugendtag, der die ganze Stadt bewegt.

Pssst...Prinz Poldi braucht Ruhe. (Foto: Foto: dpa)

Schon vor langer Zeit, als noch sein polnischer Landsmann Karol Wojtyla als Johannes Paul II. auf dem Papstthron saß, hatte der fromme Podolski eine Audienz beantragt, über die nun allerdings der bekennend unsportliche Benedikt XVI. befinden muss.

Protokollarisch dürfte Podolski wohl als "lokale Autorität" des gesellschaftlichen Lebens firmieren - kein Kölner würde dem widersprechen. Problematisch ist daran allerdings, dass der Empfang im Erzbischöflichen Haus für kölsche und andere deutsche Autoritäten (zu denen etwa der Bundeskanzler zählt) für Samstag, 10 Uhr, vorgesehen ist. Am Nachmittag desselben Tages spielt jedoch der 1. FC Köln im DFB-Pokal beim Zweitligaklub Kickers Offenbach.

Dort tritt Podolski möglicherweise erneut als Respektsperson in Erscheinung, bereits am Sonntag beim 3:2 gewonnenen Bundesligaspiel in Stuttgart trug er die Armbinde des Spielführers. Prinz Poldi verwandelte sich in Käpt'n Poldi, weil sämtliche ranghöheren Kollegen aus dem Mannschaftsrat verletzt (Schindzielorz, Cullmann, Schlicke) oder vorübergehend ausrangiert (Madsen) waren.

Pause für Podolski

Podolski nahm sein Amt sehr ernst, was dann auch Schiedsrichter Weiner zu spüren bekam, dem der neue Spielführer mehrfach durch Verweis auf die giftgrüne Armbinde das Privileg zur Beschwerde anzeigte. Beim Platzverweis für Mitspieler Sinkala schimpfte Podolski schon so gekonnt auf den Referee ein, als ob es ihm Michael Ballack im Nationalteam beigebracht hätte.

Es ist also überhaupt nicht verwunderlich, dass prompt in der Kölner Presse die Forderung erhoben wurde, Podolski dauerhaft zum Kapitän des 1. FC Köln zu machen, und man darf annehmen, dass diese Debatte in der Stadt ähnliche Wirkung entfaltet wie die theologischen Aspekte, die der Papst bei seiner Messe auf dem Marienfeld aufwirft.

Für das Länderspiel in Rotterdam hätte sich Podolski trotzdem gern Zeit genommen, auch wenn er sich mit der Entscheidung von Jürgen Klinsmann, diesmal von einer Einladung abzusehen, förmlich arrangiert hat. Podolski solle eine Pause machen, hatte der Bundestrainer angeordnet, nachdem er sich vor dem Saisonstart von Kölns Coach Uwe Rapolder über den Trainingsrückstand des Angreifers hatte aufklären lassen.

Zeit zur Besinnung

Zwar hätte Klinsmann durch den Ausfall des zunächst nominierten, dann aber verletzt abgemeldeten Oliver Neuville und durch den überraschend starken Auftritt Podolskis in Stuttgart Anlass gehabt, den fürsorglichen Beschluss zu revidieren, doch darüber wollte er nicht mal diskutieren. "Das kommt gar nicht in Frage", sagte er, "es ist mit Rapolder abgesprochen, dass Lukas Zeit bekommt, sein Fitnesslevel Schritt für Schritt zu steigern."

Abgesehen davon, dass dieser Entscheid sportlich plausiblen Erwägungen folgt, ist er auch als pädagogische Intervention des Bundestrainers zu verstehen. Auch auf der anderen Seite des atlantischen Ozeans ist es Klinsmann nicht entgangen, dass der Konföderationen-Pokal den Rummel um den 20-Jährigen über die Grenzen von Köln hinaus ins Irrwitzige getrieben hat.

Seine Ferien verbrachte Podolski damit, Fotografen zu vertreiben, die ihn beim Badeurlaub mit der Freundin auf Mallorca verfolgten, und Berichte zu dementieren, die von seinem angeblichen Wechsel zum FC Bayern handelten. Auch die Erledigung von Geschäftsterminen trug nicht zur Erholung bei, wie Klinsmann erfuhr. Erst bei seinen polnischen Verwandten fand Podolski ein wenig Ruhe, und Klinsmann hofft, dass auch der Verzicht aufs Holland-Spiel ein wenig Besinnung schafft. Beim nächsten Treffen wird der neue deutsche Volksheld sicher wieder mit von der Partie sein - dann ist der Papst ja auch wieder in Rom.

© SZ vom 17.8.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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