Leverkusen holt weiter auf:Doppelte Rechtfertigung

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Locker getroffen: Lucas Alario (2. von rechts) bringt Leverkusen per Kopfball in Führung - und macht später auch das zweite Tor für seine Mannschaft. (Foto: Jan Huebner/imago)

Die Werksmannschaft vom Rhein "vergoldet" den Erfolg aus der Vorwoche beim FC Bayern durch einen weiteren knappen Sieg. Beim 2:1 gegen Schalke 04 zahlt sich ein überraschender Personalwechsel aus: Ersatzmann Lucas Alario erzielt beide Tore.

Von Ulrich Hartmann, Leverkusen

Der Fußballweise Rudi Völler hat einen guten Rat an die Bundesliga: "Unterschätzt mir Bayern München nicht!", sagte der Sportchef von Bayer Leverkusen, nachdem seine Mannschaft am vorvergangenen Samstag mit 2:1 in München gewonnen hatten und die Münchner nun am Samstagabend mit einem weiteren 2:1-Sieg, diesmal gegen Schalke 04, auch noch auf den siebten Tabellenplatz verdrängte. Völler wollte sich von dieser Konstellation aber nicht blenden lassen und sagte nur lakonisch: "Die Bayern werden noch das eine oder andere Spiel gewinnen."

Im Moment gewinnen aber andere, zum Beispiel die Leverkusener. Zunächst gewannen sie bei Lokomotive Moskau und sicherten sich in der Champions League mindestens das Sicherheitsnetz namens Europa League, dann gewannen sie in München und nun gegen Schalke. "Wir haben einen guten Lauf momentan", sagte Völler. "Wir haben heute die drei Punkte aus München vergoldet. Es lohnt sich nicht, in München zu gewinnen, wenn du danach dein Heimspiel nicht gewinnst", sagte Kapitän Lars Bender. "Es war in der ersten Halbzeit fußballerisch gut und in Summe war es verdient.

"Nach dem Sieg gegen die Bayern gleich wieder zu gewinnen, war wichtig", fand der Trainer Peter Bosz, "wir zeigen momentan, dass wir uns in Spiele auch reinbeißen, dass wir auch kämpfen können." Diese Qualität wollen die Leverkusener nun auch am Mittwoch im finalen Champions-League-Spiel gegen Juventus Turin zeigen.

Schon früh wird Bayer-Trainer Bosz für seine Wechsel belohnt

Aus jener Startelf, die beim Sieg in München aufgelaufen war, verbannte Bosz gegen Schalke doch tatsächlich drei Spieler auf die Ersatzbank. Ein vierter, Jonathan Tah, durfte nicht spielen, weil er rotgesperrt war, aber Nadiem Amiri, Kevin Volland und Moussa Diaby, die am Sieg in München alle drei durch ihren Einsatz von der ersten bis zur letzten Minute maßgeblich beteiligt waren, wurden nun, eine Woche später, kurioserweise mit Ersatzrollen bedacht.

Es dauerte allerdings nur bis zur 16. Minute, ehe man Bosz zu einem Drittel seiner unpopulären Entscheidungen bereits gratulieren konnte, da hatte nämlich der argentinische Mittelstürmer Lucas Alario, für Volland in der Startelf, per Kopf das 1:0 erzielt. Die vorangegangene Ecke war von Leon Bailey geschlagen worden, aber mindestens so sehr wie sein Teamkollege war dem Leverkusener der Schalker Torwart Alexander Nübel behilflich, indem er an dem Eckball vorbeigriff. Ein zweiter Leverkusener Treffer, bloß drei Minuten später, erhielt keine Anerkennung, weil Bailey als Abstauber nach einem Schuss des wiedergenesenen Kai Havertz im Abseits stand.

Bis zur Pause waren die weiteren Torchancen paritätisch verteilt: Benito Raman und Suat Serdar vergaben für Schalke ebenso wie Havertz und Alario für Leverkusen. Bayers brasilianischer Linksverteidiger Wendell war kurz vor der Pause mit Gelb bestens bedient, nachdem er Schalkes Franzosen Amine Harit mit der sogenannten offenen Sohle aufs Sprunggelenk getreten war.

Die kalibrierte Linie macht Bayer glücklich

Als Harit nach Steilpass von Bastian Oczipka in der 50. Minute den Ball ins Tor schoss, wäre das durchaus nicht unverdient gewesen. Doch auch diesem Treffer wurde wegen Abseits die Gültigkeit verweigert, allerdings waren dazu beim Videoassistenten Tobias Stieler schon eine kalibrierte Linie und ein messerscharfes Auge erforderlich. Die Szene taugte für die Schalker immerhin als Signal, sich ab sofort mehr nach vorne zu engagieren. In der nicht immer ganz stabil wirkenden Leverkusener Abwehr ergaben sich dadurch Torchancen.

In der letzten halben Stunde war dieses Spiel ein wirklich ansehnliches Hin und Her - bloß nicht für die beiden Trainer, die sich angesichts der Räume, die sich allenthalben auftaten, über viele individuelle Fehler und Ballverluste ihrer Spieler ärgern mussten. In der 81. Minute schien Alario das Spiel schon zu entscheiden, indem er eine knappe Hereingabe von Charles Aránguiz am ersten Pfosten zum 2:0 einschob, doch keine Minute später trafen nun plötzlich auch die Schalker, besser gesagt: Raman, der in der 82. Minute davon profitierte, dass der Torwart Lukas Hradecky einen scharfen Querpass von Ahmed Kutucu nicht abfangen konnte.

In diesem wilden Spiel schien weiterhin alles möglich zu sein, aber die Schalker versäumten es, den Ausgleich noch zu schießen. "Die erste Halbzeit ging klar an Leverkusen, aber in der zweiten haben wir es viel besser gemacht und versuchen, daraus zu lernen", sagte der Trainer David Wagner. Matchwinner Alario war unterdessen stolz und glücklich, einmal wieder in der Startelf gestanden und sich mit zwei Treffern weiter für die argentinische Nationalmannschaft empfohlen zu haben.

© SZ vom 08.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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