Leichtathletik:Gatlin ist der neue Sprintkönig

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US-Läufer Justin Gatlin ist die 100 Meter in Weltjahresbestzeit gelaufen. Sein Landsmann Maurice Greene, der sich selbst "Greatest of all Times" nennt, war nicht ganz so groß: Er kam hinter dem Portugiesen Francis Obikwelu als Dritter ins Ziel.

Justin Gatlin hat alle düpiert: Der Hallen-Weltmeister aus den USA krönte sich bei den Olympischen Spielen in Athen zum Schnellsten der Welt. Der 22-Jährige gewann die 100 Meter am Sonntagabend in Athen in der Jahresweltbestzeit von 9,85 Sekunden.

Damit löste er seinen Landsmann Maurice Greene ab, der in 9,87 Sekunden Dritter wurde. Greene verpasste somit den anvisierten Doppel-Triumph (zweimal Olympia-Gold im Sprint), den vor ihm die Amerikaner Archie Hahn 1904 und bei den Zwischenspielen 1906 sowie Carl Lewis 1984 und 1988 erreicht hatten.

Silber gewann der Portugiese Francis Obikwelu in 9,86 Sekunden, der damit den elf jahre alten Europarekord des Briten Linford Christie verbesserte.

Greene hatte vorher große Töne gespuckt. "Ich bin der größte Sprinter aller Zeiten. Es tut mir Leid für die anderen, aber sie laufen nur um Platz zwei", hatte der 30-Jährige verkündet.

Und selbst der als größter Herausforderer geltende Asafa Powell aus Jamaika, dem in 9,94 nur Platz fünf hinter dem Weltjahresbesten Shawn Crawford (USA/9,89) blieb, hatte wie vor einem dollarschweren Boxkampf unbegrenztes Selbstbewusstsein zur Schau gestellt: "Ich bin in Weltrekord-Form.".

Die Bestzeit des Amerikaners Tim Montgomery von 9,78 Sekunden aus dem Jahr 2002 blieb jedoch anangetastet.

Gatlin hatte sich vor dem großen Finale zurückgehalten und war zum richtigen Zeitpunkt wieder fit. Auf ähnlich stille Art war dem 60-m-Hallenweltmeister aus Brooklyn bereits 2003 ein Riesen-Coup gelungen.

Gegen stärkste Konkurrenz sicherte er sich den mit 500.000 Dollar belohnten 100-m-Sieg bei der Moskau-Challenge. Schon nach dem Halbfinale von Athen schien er zu spüren, was möglich ist, als er mit seinem Trainings-Partner Crawford jubelte. Nach dem Finale drehten sie trotz Crawfords Enttäuschung über Platz vier eine gemeinsame Ehrenrunde mit der US-Flagge.

Die Arroganz im Halbfinale

Mit einer unglaublichen Arroganz hatten die Trainingspartner Gatlin und Crawford ihr Halbfinale absolviert.

Schon 20 m vor dem Ziel wechselten sie Worte. "Meine Ziele sind es, 18,99 Sekunden über 200 m zu laufen und dann 9,72 Sekunden über 100 m. Ich kann mich nur selbst schlagen", behauptete der 26-jährige Crawford.

Dass das nicht in jedem Fall stimmt, musste er auch schon erfahren: In der amerikanischen Fernsehshow "Mann gegen Biest" rannte der ehemalige Hallen-Weltmeister im Januar vorigen Jahres gegen eine Giraffe und ein Zebra und kassierte gegen das Zebra eine Niederlage.

Seither nennt er sich in Anlehnung an US-Serien-Affen "Der Cheetah Mann". Im Athener Zwischenlauf hatte er seine Weltjahresbestzeit von 9,88 Sekunden nur um 1/100 Sekunde verfehlt. "Körperlich bin ich zu 100 Prozent in Form. Athen ist ein guter Ort für mich und das werde ich beweisen", hatte Greene angekündigt.

Immerhin war der 30-Jährige in Griechenlands Metropole 1997 Weltmeister geworden und hatte zwei Jahre später an gleicher Stelle mit 9,79 Sekunden einen Weltrekord aufgestellt. Vor den Olympischen Spielen hatte er sich einen Löwenkopf als Symbol für sein Sternzeichen auf die Schulter tätowieren lassen, in dessen Mähne "GOAT" für "Greatest of all Times" (Größter aller Zeiten) steht.

Derartige Allüren sind Francis Obikwelu fremd, große Sprüche gibt der in Nigeria geborene Wahl-Portugiese nicht von sich. Der EM-Zweite, der vier Sprachen spricht (Igbo, Englisch, Portugiesisch, Spanisch), bot sowohl im Zwischenlauf mit 9,93 Sekunden als auch im Halbfinale mit 9,97 Sekunden jeweils die gleiche Zeit an wie Greene. "Ich denke, ich war ein Mitfavorit für die 200 m, aber jetzt fühle ich mich auch für die 100 m stark", sagte der 25-Jährige.

Für den einzigen deutschen Starter, Alexander Kosenkow (Wattenscheid), war die Einzel-Konkurrenz nach 10,24 Sekunden im Zwischenlauf beendet. Ihm bleibt die Hoffnung auf die Staffel.

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