Leichtathletik:Britischer Überraschungscoup gegen die US-Staffel

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Zwei Goldmedaillen-Gewinner und Schlussläufer Maurice Green - das sah eigentlich nach einer klaren Sache aus für die Sprint-Staffel der USA. Doch dann patzten die Favoriten bei den wechseln. Die Gunst der Stunde nutzen allerdings die Briten.

Großbritannien hat den USA damit die zweite "echte" Niederlage in der Sprint-Staffel über 4x100 m bei Olympischen Spielen beigebracht. Die Briten gewannen in der Besetzung Jason Gardener, Darren Campbell, Marlon Devonish und Mark Lewis-Francis in 38,07 Sekunden mit einer Hunderstel vor den US-Amerikanern mit 200-m-Olympiasieger Shawn Crawford, Darvis Patton, Coby Miller und dem zweimaligen 100-m-Goldmedaillengewinner Maurice Greene.

Denkbar knapp - mit lediglich einer Hunderstelsekunde entschied die britische Sprint-Staffel mit Marlon Devonish, Jason Gardener, Mark Lewis-Francis und Darren Campbell (v.l.n.r.) den Wettbewerb für sich. (Foto: Foto: rtr)

Dritter wurde Nigeria. Die USA hatten zuvor bei 20 Starts 15 Mal gewonnen. Von den fünf Niederlagen resultierten vier aus Disqualifikationen, nur Kanada besiegte die USA ausgerechnet 1996 in Atlanta. Das als Nummer zwei der Weltrangliste angereiste deutsche Quartett mit Ronny Ostwald, Tobias Unger, Alexander Kosenkow, Till Helmke schied überraschend im Vorlauf aus.

Die britische Nasenspitze

Nur um eine Hundertstelsekunde verpasste das US-Sprintquartett mit 100-m-Olympiasieger Justin Gatlin seinen 16. Erfolg seit der Premiere im Jahr 1912. Alles sah nach einem toten Rennen aus, aber die Briten hatten in 38,07 Sekunden schließlich eine Nasenspitze vorn. Dafür hielten sich die Amerikaner eine Stunde später in den langen Staffeln über 4 x 400 m mit zwei Mal Gold schadlos: In der letzten Bahn-Entscheidung der Spiele siegten die Männer mit Einzel-Olympiasieger Jeremy Wariner in der Weltjahresbestzeit von 2:55,91 Minuten mit großem Vorsprung vor Australien (3:00,60) und Nigeria (3:00,90).

Die deutsche Staffel mit Ingo Schultz (Hamburg), Kamghe Gaba (Frankfurt/Main), Ruwen Faller (Jena) und Bastian Swillims (Wattenscheid) belegte in 3:02,22 Minuten den siebten Platz. Die US-Frauen hatten es den Männern vorgemacht und holten sich ebenfalls in Saisonbestzeit von 3:19,01 Minuten den Sieg vor Russland (3:20,16) und Jamaika (3:22,00).

Historischer Sieg für el Guerrouj

Hicham El Guerrouj wandelt nach seinem historischen Doppelsieg bei den Olympischen Spielen in Athen auf den Spuren des legendären Paavo Nurmi. Vor 65 000 begeisterten Zuschauern wehrte der 29 Jahre alte Marokkaner am Samstagabend im 5000-m-Rennen alle Angriffe ab und holte sich in 13:14,39 Minuten seine zweite Goldmedaille nach dem Zittersieg auf seiner Lieblingsstrecke 1500 m.

Dieses Double hatte letztmals vor 80 Jahren der finnische Wunderläufer Nurmi geschafft. Der äthiopische 10 000-m-Olympiasieger Kenenisa Bekele (13:14,59) musste sich knapp geschlagen geben. "Ich denke, das war ein historischer Sieg", jubelte El Guerrouj. "Meine Strategie hat funktioniert, der Rhythmus stimmte, und ich konnte das Tempo mitgehen."

Die Russin Jelena Slesarenko meisterte im Hochsprung von 1,85 m bis 2,06 m alle Höhen im ersten Versuch - damit hatte sie Gold sicher. Danach scheiterte sie drei Mal an der Weltrekordhöhe von 2,10 m. Zweite wurde wie in Sydney vor vier Jahren Weltmeisterin Hestrie Cloete aus Südafrika (2,02).

Nachfolger von Sydney-Sieger Nils Schumann wurde über 800 m überraschend Juri Borsakowski. Mit einem unwiderstehlichen Spurt riss der Russe in 1:44,45 Minuten auf den letzten 50 Metern noch Gold aus dem Feuer. Zweiter wurde der Südafrikaner Mbulaeni Mulaudzi (1:44,61) vor Weltrekordler Wilson Kipketer aus Dänemark (1:44,65).

Wachablösung im Speerwurf

Seinen Traum vom vierten Speerwurf-Gold hintereinander musste der Tscheche Jan Zelezny begraben. Mit 80,59 m reichte es für den 38 Jahre alte Tschechen nur zum neunten Platz. Sein Weltrekord steht seit acht Jahren bei 98,48 m. Überraschungs-Olympiasieger wurde der erst 22 Jahre alte Norweger Andreas Thorkildsen mit 86,50 m.

Nach ihrem Coup über 800 m holte die Britin Kelly Holmes auch über 1500 m Gold: In der Weltjahresbestzeit von 3:57,90 Minuten vollendete sie das Double, das zuletzt vor acht Jahren der Russin Swetlana Masterkowa gelungen war. Zweite wurde die Russin Tatjana Tomaschowa in 3:58,12 vor Maria Cioncan aus Rumänien (3:58,39). "Worte können nicht ausdrücken, was ich fühle. Die 800 Meter waren ein totaler Schock für mich - heute bin ich einfach nur geflogen", sagte die nun doppelt glückliche Britin.

Dem ungarischen Hammerwurf-Olympiasieger Adrian Annus droht die Aberkennung seiner gewonnenen Goldmedaille. Die Disziplinarkommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) hat den 31-Jährigen für Sonntag zur Anhörung in Athen geladen. Abgeben musste bereits sein Landsmann, der Gewichtheber Ferenc Gyurkovics, seine in Athen gewonnene Silbermedaille. Wie das IOC mitteilte, wurde der 24-Jährige nach dem Wettkampf in der Gewichtsklasse bis 105 kg positiv auf Oxandrolon getestet.

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