Leichtahletik:Auf Abwegen

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Auch dank seines Bekanntheitsgrads als rennender Dreispringer erhält Christian Taylor immer wieder die Chance, auf höchster Stufe zu starten, so auch am Samstag beim Diamond-League-Meeting in Birmingham. (Foto: Ben Stansall/AFP)

Immer nur Hop, Step, Jump kann dröge sein. Deshalb rennt der zweimalige Dreisprung-Olympiasieger Christian Taylor zur Abwechslung die Stadionrunde. Beim Diamond-League-Meeting in Birmingham ist er Vierter geworden.

Von Christian Brüngger, Birmingham/München

Das Leben eines Dreispringers besteht aus einer steten Abfolge von drei Sprüngen: Hop, Step, Jump. Das kann ziemlich öde werden, selbst wenn ein Athlet wie Christian Taylor zweimal bei Olympischen Spielen und dreimal bei Weltmeisterschaften triumphierte. Aber die Tage in der Freiluftarena gleichen auch für einen Champion bisweilen denen eines Angestellten im Büro.

Um diesen Trott aus Hop, Step, Jump aufzulockern, verschafft sich der 28-jährige Amerikaner in dieser Saison ohne WM oder Olympia eine sportliche Abwechslung: Er startet regelmäßig über 400 Meter - und ist dabei nicht einfach ein prominenter Hinterherläufer. Im Juni in Hengelo hat er seine persönliche Bestzeit auf 45,07 Sekunden gesteigert, und das ist durchaus respektabel: Bisher haben in diesem Sommer weltweit nur 36 Läufer die Stadionrunde schneller ­absolviert. Auch dank seines Bekanntheitsgrads als rennender Dreispringer erhält er immer wieder die Chance, auf höchster Stufe zu starten, so auch am Samstag beim Diamond-League-Meeting in Birmingham. Dort kurvte er die Runde in 45,78 Sekunden und wurde Vierter mit nicht allzu großem Rückstand auf den Sieger, den US-amerikanischen Hallen-WM-Zweiten Fred Kerley (45,54). Es passt zu Taylor, einem freundlichen Mann mit feinen Manieren, dass er sich für die Lauf-Gelegenheiten in Birmingham bedanke.

Die große Umstellung

Er weiß, dass das nicht selbstverständlich ist, auch nicht für einen außergewöhnlichen Dreispringer. Aber er bewegt sich gewissermaßen in der Tradition von Ashton ­Eaton, dem Weltrekordhalter im Zehnkampf. Auch dieser ging eigene Wege mit Einzelstarts bei großen Meetings und glänzte über 400 Meter Hürden.

Von einem Mehrkämpfer wie Eaton wird indes eher erwartet, dass er ein Alleskönner ist. Spezialisten wie Taylor hingegen sind oft derart einseitig als Athleten, dass sie nur für diese eine Disziplin geschaffen zu sein scheinen. Taylor allerdings offenbarte früh, wie vielseitig talentiert er ist. Als 21-Jähriger war er bereits Weltmeister und nahe am Weltrekord - doch dann drohte seine Laufbahn mit 23 jäh zu enden. Denn Taylor leidet seit der Jugend an Knieproblemen, was sich beim Hop, Step, Jump eher nachteilig auswirkt: Denn bei der Landung wirkt bisweilen das 15-fache des Körpergewichts auf die Gelenke. Trotz Qualen im Absprungbein, seinem linken, entschied sich Taylor vor der Olympiasaison 2012 dagegen, mit rechts abzuspringen - und gewann mit Dauerschmerzen den Titel. Also verzichtete er anschließend auf die technische Umstellung: Er hatte ja dennoch Erfolg. Dann allerdings verstärkten sich die Schmerzen 2013 so sehr, dass Taylor letztlich vor einer Entscheidung stand: Rücktritt oder Beinwechsel?

Neubeginn aus dem Stand

Er wählte die Umstellung und musste das Dreispringen wie ein Novize lernen - denn der gesamte Bewegungsablauf ist anders, sowohl die Gewichtsverlagerung auf den ersten Absprung hin wie das Timing der Sprünge. Erst hüpfte Taylor aus dem Stand. Dann mit einem Schritt Anlauf. Dann mit zwei, drei Schritten, ehe er nach acht Monaten fand, wieder ein "Weltklasse-Dreispringer zu sein", wie er sagte. Gewissermaßen in seiner zweiten Dreispringer-Karriere gewann er 2016 sein zweites Olympiagold. Mit 18,21 Metern flog er 2015 sogar so weit wie nie zuvor.

Schon damals hatte er die 400-Meter-Läufe strategisch eingesetzt und in der Übergangssaison 2014 die Bahnrunde absolviert, um sich den Spaß am Sport zu erhalten. Wobei Taylor ohnehin nie einer war, der nur bis zum Tellerrand schaute: Als er im Olympiafinale 2012 in London nach zwei ungültigen Versuchen auszuscheiden drohte, sagte ihm sein Trainer: "Du willst doch nicht das 800-Meter-Finale verpassen!" Also schaute Taylor "vom besten Platz im Stadion aus", wie er sagte, zu, wie David Rudisha zum Weltrekord stürmte. Taylor sprang danach mit dem dritten Versuch in die Top Acht, erhielt drei weitere Sprünge und nutzte sie zu Gold.

© SZ vom 19.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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