Lautern-Trainer Michael Henke:Ein Lächeln für die Pfalz

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Wer mit dem Teufel Suppe essen will, der braucht, so wird behauptet, einen langen Löffel. Und es wird vermutet, dass Fußballlehrer Michael Henke, 48, einen sehr langen Löffel braucht, denn Henke hat sich mit dem Teufel an den Tisch gesetzt.

Tobias Schächter

Die Frage, ob es dem langjährigen Assistenten von Ottmar Hitzfeld auf seiner ersten Station als Cheftrainer gelingt, den 1.FCKaiserslautern (Volksmund: die Roten Teufel) zu zähmen, ist eine der spannendsten der neuen Bundesligasaison. Denn die Zeiten, in denen ein Besuch im Fritz-Walter-Stadion auf dem Betzenberg für jeden Gegner gefahrenreich wie ein Gang durch die Hölle war, sind Folklore. Der erste Klub in der Pfalz beschäftigte sich zuletzt mit sich selbst, seinen Finanzproblemen, einer disharmonischen Mannschaft und Anhängern, deren Gunst erst wieder erworben werden muss.

All dies konnte den studierten Geographie- und Sportlehrer Michael Henke nicht zurückhalten: "Als der Anruf von Herrn Jäggi kam, habe ich nicht lange gezögert", sagt Henke, der sein Engagement in Lautern als Chance begreift, sich als "erster Mann zu etablieren". Als "unverbraucht", "frisch" und "hungrig" charakterisiert Rene C. Jäggi, der Vorstandsboss des FCK, den Cheftrainer-Novizen aus Büren in Westfalen. Bei einem Essen mit Ottmar Hitzfeld ist Jäggis Entscheidung gereift. Hitzfeld erzählte, dass er Henke auch in gemeinsamer Zeit beim FC Bayern schon viel Verantwortung übertragen habe. "Ein Co-Trainer muss die gleiche Palette beherrschen, wie sein Chef", sagt Henke, der seit seinem Amtsantritt in der Pfalz von jedem Journalisten die eine Frage zu hören bekommt: Wie viel Hitzfeld steckt in Henke?

Henke wird auch mal laut

Wie viel Henke in Hitzfeld steckt, hat noch niemand gefragt, was Henke aber nicht stört. "Ich würde das auch fragen", sagt er und glaubt, dass die Zusammenarbeit mit Hitzfeld auch deshalb so erfolgreich war, weil "wir beide uns als eigenständige Persönlichkeiten respektiert haben". Von seinem Mentor fließe vor allem dessen akribische Beschäftigung mit taktischen Details in die Arbeit ein. "Ansonsten ist Henke Henke", sagt Henke. Der dann aber gleich wieder ziemlich hitzfeldisch nüchtern klingt, wenn er vorgibt, keiner zu sein, der "strukturlos rumschreit". Laut ist Henke in Lautern aber auch schon geworden, wie die Spieler bestätigen: "Er hat Zug in die Mannschaft gebracht", sagt Thomas Riedl. In der Vorbereitung ließ Henke oft über zwei Stunden trainieren und legte Wert auf Koordinations- und Dehnübungen. Riedl: "Der hat sogar die Haarspitzen gedehnt."

Alle müssen jetzt 45 Minuten vor dem Training anwesend sein und dann das Handy ausgeschaltet haben. Eigentlich Selbstverständlichkeiten im Profibetrieb, aber nach dem bärtigen Populisten Erik Gerets und dem oft anti-autoritären Genussmenschen Kurt Jara scheinen die Spieler den auf Disziplin und Vernunft fußenden Arbeitsstil Henkes fast herbeigesehnt zu haben. Von Grabenkämpfen in der Mannschaft will Henke nichts bemerkt haben - und auch dessen Assistent nicht.

Der Henke von Henke heißt Manfred Rauscher. Rauscher, wie Henke Jahrgang 1957, hat für das Abenteuer in der Pfalz die bürgerliche Existenz geopfert, er gab seine sichere Stelle als Beamter im Bayerischern Landeskriminalamt auf, um im Fußball unterwegs zu sein. Der Kontakt zu Henke war entstanden, als der seit 1983 in Bayerns Amateurligen trainierende Rauscher vor fünf Jahren ein Praktikum beim FC Bayern absolvierte. Als dann Hitzfeld ankündigte, Pause vom Trainerberuf machen zu wollen, reifte Henkes Entschluss, selbständig zu werden. Gemeinsam mit Rauscher reiste Henke in der vergangenen, arbeitslos verbrachten Saison durch Europa - Fußballspiele schauen und darüber reden.

An diesem Samstag treten Henke/Rauscher erstmals im Fritz-Walter-Stadion an die Rampe, dem 1:2 auf Schalke folgt die Heimpremiere gegen Aufsteiger Duisburg. Ihr Ziel: "Die Leute mit einem Lächeln nach Hause zu schicken." Dies ist, neben dem schnödem Punktesammeln, ein primäres Saisonziel. Henke, der in der Pfalz bislang so warm empfangene Trainer vom dort ungeliebten FC Bayern, ist bewusst, wie fragil die Stimmung ist. Er sagt: "Ich bin nicht blauäugig. Dass ich bei diesem Traditionsverein arbeiten darf, ist toll, Wahnsinn - und ein bisschen gefährlich."

© SZ vom 13.8.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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