Kuriosität:Schiedsrichter foult Spieler

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Wer ist Täter, wer Opfer? Referee Chapron stellt Diego Carlos vom Platz. (Foto: David Vincent/AP)

Nachdem Tony Chapron in einem Laufduell zu Fall kommt, tritt er erst nach und gibt dann eine Rote Karte. Er wird dafür vorerst von der französischen Liga ausgeschlossen.

Von Martin Wallentich

Es läuft die 91. Minute im Stade de la Beaujoire: Am 20. Spieltag der französischen Ligue 1 liegt der FC Nantes gegen Tabellenführer Paris Saint-Germain 0:1 in Rückstand. Bei einem Vorstoß über PSG-Stürmer Kylian Mbappé hastet die Heimmannschaft zurück, unter anderem auch Verteidiger Diego Carlos. Dem wird jedoch die freie Bahn zum eigenen Strafraum von einem Beteiligten in blauer Kleidung versperrt. Beim vermeintlichen Gegenspieler handelt es sich aber um Schiedsrichter Tony Chapron.

Und dann folgt jene Szene, die sich in den sozialen Netzwerken kurz darauf in Windeseile verbreiten sollte: Diego Carlos und der Unparteiische laufen gegeneinander, und es ist nicht so genau zu sehen, ob Chapron fällt, weil Carlos ihn leicht schubst, oder ob er einfach nur über die Füße des Fußballers fällt. Eine böse Absicht ist nicht zu erkennen, aber der Schiedsrichter fällt zu Boden, rollt sich ab - und fährt in Manier eines gelernten Verteidigers das rechte Bein reflexartig aus. Man könnte auch sagen: Der Schiedsrichter tritt gegen den Spieler nach. Zwar trifft der Referee den Spieler nicht, Folgen hat dieses bizarre Duell aber trotzdem: Chapron zeigt Diego Carlos die gelbe Karte. Und da es sich bereits um die zweite Verwarnung des Verteidigers in diesem Spiel handelt, fliegt der 24-Jährige vom Platz.

Nantes verliert die Begegnung 0:1 - und Carlos droht nun eine Sperre für das kommende Spiel gegen Toulouse.

Nantes-Präsident Waldemar Kita verfolgte die Szenen ungläubig am Spielfeldrand. Nach dem Spiel stellte er den Referee zwar zur Rede, der betonte aber beharrlich, dass er den Spieler nicht treten wollte, stattdessen aber "einen Stoß im Rücken gespürt" habe.

Er habe "über 20 Nachrichten aus ganz Europa bekommen und alle sagen, dass der Schiedsrichter ein Witz ist", sagte Klubpräsident Kita später im Fernsehen, "aber wenn ich zu viel sage, werde ich vor eine Ethik-Kommission gestellt. Wir haben kein Recht, irgendwas zu sagen. Ganz Europa lacht darüber. Wenn ein Spieler so etwas gemacht hätte, würde er sechs Monate gesperrt werden."

Ähnlich knackig kommentierte Nantes' Mittelfeldspieler Valentin Rongier die Aktion: "Er sagt, er ist ausgerutscht, aber ich weiß, dass er ihn getreten hat", sagte Rongier. "Ich weiß, es ist schwer, Schiedsrichter zu sein, aber von Zeit zu Zeit muss man sie infrage stellen. Wenn wir das getan hätten, hätten wir eine Zehn-Spiele-Sperre bekommen."

Kurz nach dem Spiel meldete sich auch die spanische Torhüter-Legende Iker Casillas, derzeit beim FC Porto unter Vertrag, via Twitter zu Wort und forderte scherzhaft eine rote Karte samt Sperre für mindestens drei Spiele für den grätschenden Unparteiischen.

Tatsächlich hat die Aktion in Nantes nun auch ein Nachspiel für Chapron: Am Montag suspendierte der französische Fußball-Verband (FFF) den Schiedsrichter bis auf Weiteres. Zudem muss er sich vor der Disziplinarkommission der Liga verantworten.

© SZ vom 16.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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