Kritik an Schiri-Bossen:"Es stimmt nicht bei den Schiedsrichtern"

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Seit Herbert Fandel seinen Rücktritt als Chef der Bundesliga-Schiedsrichter angekündigt hat, liegt bei Deutschlands Referees einiges im Argen. (Foto: Martin Rose/Bongarts/Getty)

Machtkämpfe, Mobbing: Der Streit um die Spitze der Bundesliga-Schiedsrichter spitzt sich zu. Frühere Referees bestätigen Vorwürfe gegen Heribert Fandel und Hellmut Krug.

Die Rückzugsankündigung von Schiedsrichter-Boss Herbert Fandel und die öffentlich gewordene Kritik an Schiedsrichter-Berater Hellmut Krug von der Deutschen Fußball Liga (DFL) schlägt weiter hohe Wellen. "Das ist schon ein kleiner Machtkampf. Insgesamt stimmt es nicht mehr bei den Schiedsrichtern. Bei ihnen herrscht großer Unmut", sagte der frühere Weltklasse-Referee Markus Merk am Samstag bei Sky.

Ex-Schiedsrichter Babak Rafati erhob zugleich in der Bild-Zeitung rund vier Jahre nach seinem Selbstmord-Versuch Mobbing-Vorwürfe gegen die Führung der Unparteiischen. "Das ist systematisches Mobbing. Da greifen menschenverachtende Mechanismen", sagte Rafati.

Rafati: Ich habe Telefonate erlebt, in denen ich unter Druck gesetzt wurde

Der 45-Jährige, der im November 2011 unmittelbar vor seinem geplanten Einsatz beim Erstliga-Spiel 1. FC Köln gegen FSV Mainz 05 in seinem Hotelzimmer offenbar wegen des immensen Drucks auf die Spielleiter einen Suizidversuch unternommen hatte, wertete die mutmaßliche Situation seiner ehemaligen Kollegen als Bestätigung seiner früheren Wahrnehmungen.

"Endlich trauen sich die Ersten, das auszusprechen, was gängige Praxis ist. Ich habe das alles so erlebt - und überlebt. Da kommt es zu Einflussnahme auf Berichterstattung und persönlichen Angriffen. Ich habe Telefonate erlebt, in denen ich unter Druck gesetzt und klein gemacht wurde. Das alles hat sich offensichtlich kein bisschen geändert", sagte Rafati.

Merk wusste von den Vorwürfen gegen Krug

Aus Merks Sicht ist eine Auflösung der Doppelspitze mit Fandel als Chef der Schiedsrichter-Kommission des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und DFL-Vertreter Krug, dem einseitige Bewertungen vorgehalten werden, für eine Verbesserung der Lage unverzichtbar. "Das ist keine einfache Situation mit DFB/Fandel auf der einen und DFL/Krug auf der anderen Seite. Beide streben auch nach Macht, deswegen sollten DFB und DFL im Sinne der Schiedsrichter nach einer gemeinsamen Lösung suchen", sagte Merk.

Grundsätzlich bestätigte er Kenntnis von den Vorwürfen gegen Krug: "Er wird bei den Schiedsrichtern sehr kritisiert. Er hat eine exklusive Meinung und lässt nicht mit sich diskutieren und bewertet uneinheitlich." Allerdings warf der frühere Weltschiedsrichter auch Fandel, der am vergangenen Donnerstag seinen Rücktritt zum Sommer "aus persönlichen Gründen" angekündigt hatte, Versäumnisse vor: "Die Schiedsrichter haben keinen Ansprechpartner. In den letzten Jahren wurde auch nicht geschafft, mehr Nachwuchs schneller an die Spitze zu bringen."

© SZ vom 24.01.2016 / sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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