Konföderationen Pokal:Sie tanzen nur eine Halbzeit

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Brasilien schafft nur ein 2:2 gegen Japan und muss am Ende noch mächtig zittern. Am Samstag trifft der fünffache Weltmeister im Halbfinale auf Deutschland.

Weltmeister Brasilien hat sich ins Halbfinale des Confed-Cups gezittert und trifft am Samstag in Nürnberg auf Gastgeber Deutschland. Nach dem 0:1 gegen Mexiko musste sich der fünffache Champion gestern Abend in Köln gegen Japan mit einem 2:2 (2:1) bescheiden.

Ronaldinho rangelt mit Makoto Tanaka um den Ball. (Foto: Foto: AFP)

Vor 40 000 Zuschauern in Köln brachten Robinho (10.) und Ronaldinho (32.) die nur vor der Pause brillant aufspielenden Südamerikaner zwei Mal in Führung. Nakamura (27.) und Oguro (88.) trafen für Japan, das sich nach dem Erfolg über Griechenland mit einer weiteren respektablen Vorstellung aus dem Turnier verabschiedete.

Peinvolle Doping-Debatte

Unter der angespannten Miene von Sepp Blatter entwickelte sich ein rasantes Spiel. Den Fifa-Boss drückten gestern Abend ja ganz andere Probleme als die Frage, welches der beiden Teams da unten auf dem Rasen den Einzug ins Halbfinale schaffen würde.

Zu dem Zeitpunkt hatte der Confed-Cup seinen ersten Skandal, die von mexikanischen Medien verbreiteten Doping-Hintergründe für die fluchtartige Abreise zweier Abwehrspieler des Brasilien-Bezwingers hatten sich bereits auf die Chefetage des Weltverbandes herumgesprochen.

Blatter erwartet nun eine peinvolle Debatte über die nächsten Tagen, zumal sich die Fifa im Vorjahr den strikten Bestimmungen der Welt-Antidopingagentur Wada hat unterwerfen müssen.

Entfesseltes Angriffsspiel

Fragwürdiges war zunächst auch auf dem Rasen geboten: Nach nur drei Minuten traf Kaji völlig frei vor Keeper Marcos ins brasilianische Tor, doch Schiedsrichter Daami aus Tunesien erkannte auf Abseits - eine Beobachtung, die er im Stadion exklusiv hatte. Ob das Spiel im Fall einer japanischen Führung einen anderen Verlauf genommen hätte?

Ziemlich deutlich war jedenfalls zunächst die Dominanz der Selecao, deren Angriffe jetzt wie Überfälle kamen. Adriano zerschoss fast das Außennetz (5.), bevor Robinho, von Ronaldinho glänzend freigespielt, zur frühen Führung traf (10.).

Der Weltmeister blieb am Drücker, erspielte sich Chance um Chance, nach 16 Minuten traf Kaka erst den Pfosten und Ronaldinho gleich darauf die Torlatte. Ein entfesseltes Angriffsspiel war zu bestaunen, in dessen Zügen die Brasilianer wie so oft die Abwehrarbeit vernachlässigten.

Pfeifkonzert

Einen ersten Warnschuss erhielt die Defensivabteilung, in der Juan anstelle seines Leverkusener Klubkameraden Roque Junior stand, nach 22 Minuten, als Yanagisawa per Kopfball die Lattenunterkante traf. Dann kam, wie aus dem Nichts, der Ausgleich. Nakamura hielt in Ermangelung besserer Ideen aus 25 Metern Entfernung einfach mal drauf, und Ersatztorwart Marcos streckte sich vergeblich nach dem Flatterball, der unter der Torlatte einschlug (28.).

Der Ausgleich rief den Weltmeister zur Räson. Nur vier Minuten später lag er wieder in Führung, diesmal hatte Robinho von links geflankt und Ronaldinho den Ball direkt per Außenrist ins japanische Tor expediert, er war dabei einen Tick schneller als sein für Japan spielender Landsmann Alex (32.). Und wieder ließen die Brasilianer den Ball (und Japan) laufen, als wär's eine Gaudipartie.

Mit dem Schönheitsfehler, dass sie in den Schlussminuten der ersten Hälfte den Ball nur noch in den eigenen Reihen hielten, und dabei sicherheitshalber vor allem durch die Abwehrreihen rollen ließen. Ein Pfeifkonzert war die Folge.

Lethargischer Weltmeister

Japans brasilianischer Coach Zico schickte nach der Pause seinen Joker Oguro für Tamada ins Rennen, und der kleine Stürmer legte vom Anpfiff weg los, setzte Yanagisawa im Strafraum ein - nach 20 Sekunden musste Marcos die nächste japanische Großchance vereiteln. Neun Minuten später war Brasiliens Keeper sogar geschlagen, doch Cicinho schlug den Schuss Fukunishis gerade noch von der Torlinie.

Allmählich erwachte der Weltmeister aus der Lethargie, die ihn nach Wiederanpfiff befallen hatte. Cicinho, der eben noch gerettet hatte, scheiterte nun seinerseits aus kurzer Distanz an Japans Torsteher Kawaguchi, wie nach dem folgenden Eckball auch sein aufgerückter Verteidigerkollege Juan (57.).

Doch die Selecao kam nicht mehr richtig in die Gänge gegen die Japaner, die wie um ihr Leben liefen und in Ballnähe eigentlich stets in Überzahl waren. Also tat der Weltmeister nur noch das Nötigste und vertraute auf Einzelaktionen seiner zahlreichen Individualkünstler. Julio Baptista vom FC Sevilla, der für Adriano gekommen war, scheiterte nach einem Alleingang über 50 Meter an Kawaguchi (72.). Auf der Gegenseite zielte Fukunishi knapp übers Tor (75.).

Verrückter Fan im japanischen Netz

Dann testete, wieder einmal, ein Fan den Sicherheitsstandard im WM-Stadion und rannte quer über den Platz, bis er, schon im Netz des japanischen Tores zappelnd, zur leichten Beute der ihm nacheilenden Sicherheitskräfte wurde. Im Gegensatz zu dem verirrten Fußballfan aber fand das Spielgerät nicht mehr den Weg über die japanische Torlinie, auch wenn Brasilien die Partie nun wieder beherrschte und die Asiaten unter Druck setzte.

Robinho betörte das Publikum noch einmal mit einem wunderbaren Hackentrick, der Japans komplette Abwehr ausschaltete, doch auch der Jungstar aus Santos traf das Tor nicht (85.). Besser machte es auf der Gegenseite Oguro, der Edeljoker, der einen Freistoß Nakamuras im Nachschuss zum 2:2 verwandelte (88.).

Die Art und Weise, wie die Brasilianer das Spiel über die letzten Minuten der Nachspielzeit retteten, was alles andere als weltmeisterlich - und Oguro vergab sogar noch eine letzte Großchance per Kopfball aus fünf Metern.

© SZ vom 23.6.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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