Kommentar zu Schalkes Deal:Am Tropf des Kremls

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Der Bergarbeiter-Klub muss zwar nicht fürchten, in Spartak Schalke oder ZSKA Schalkski umbenannt zu werden. Aber vielleicht spielt man demnächst im Gazprom-Palast.

Klaus Hoeltzenbein

Posdrawlenie! Glückwunsch!, Schalke, das muss man erst einmal schaffen, die Weltpolitik derart auszuspielen, dass vor dem 6. Petersburger Dialog, dem Treffen von Kanzlerin Merkel mit Staatspräsident Putin, ein Not leidender Bundesligist die Nachrichtenspalten füllt. Und damit alles in den Hintergrund drängt, was an diesem Dienstag in Dresden sonst noch - und viel weiter oben - auf der Tagesordnung steht: die Terrorismusfrage, die Beziehungen zwischen Russland und der EU, die Pressefreiheit nach dem Mord an der populären Journalistin Anna Politkowskaja in einem Moskauer Hausflur, oder die Energiepolitik. Da sind die Schalker eigentlich Randfiguren, aber nicht wenigen werden sie in Dresden als Tarnung willkommen sein, wenn der Klub verkündet: Die Quelle, von der jeder Darbende träumt (Schalkes Verbindlichkeiten werden auf plusminus 200 Millionen Euro geschätzt), ist angezapft, Gazprom, der russische Mischkonzern für Gas, Öl und sonstige Macht- und Wirtschaftsfragen sprudelt in Kürze als Trikotsponsor herein. Womit schon bei Verkündung des für die Bundesliga so revolutionären Geschäfts ein erster Zweck erfüllt wird: eine Imagepolitur für den Konzern.

Neue Partner: Schalke und Gasprom. (Foto: Foto: dpa)

Ob auch für Schalke selbst, kann nur die Zeit zeigen, vordergründig liegt die Partnerschaft irgendwie auch in der Tradition des Klubs, die sich aus Rohstoffen speiste. Die polnisch-stämmigen Knappen von der Zeche, die Szepans, Kuzorras und Tibulskis, begründeten einst jenen Ruhm, der jüngst durch das Uefa-Cup-Aus gegen AS Nancy wieder etwas blasser wurde. Da kommt der freundliche Energie-Schub von Gazprom recht, allenfalls deutsch-russische Kulturpessimisten mahnen schon heute, der große Deal könne einmal in eine feindliche Übernahme münden. Zumal die finanziellen Abwehrkräfte der Schalker ermattet sind, und die Botschaft neu wäre, ein Unternehmen wie Gazprom würde es sich in einer Minderheiten-Beteiligung bequem machen. Wie's geht, wurde bei Gazprom selbst bewiesen: 50 Prozent plus eine einzelne Aktie, also die Kontrollmehrheit, liegt beim russischen Staat.

Schalke hängt künftig also auch am Tropf des Kremls, kein Interpretationsweg führt daran vorbei. Deshalb muss der Bergarbeiter-Klub zwar nun nicht fürchten, in Spartak Schalke oder ZSKA Schalkski umbenannt zu werden, aber vielleicht spielt man demnächst doch nicht mehr in der Veltins-Arena, sondern im Gazprom-Palast. Ein weiter Weg von der Kampfbahn Glück Auf, wo Schalke seinen Anfang nahm.

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