Kommentar:Taskforce für die Sumpflandschaft

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Das IOC hat eine Taskforce gegen krumme Deals ins Leben gerufen. Das ist löblich, aber leider auch ziemlich verlogen.

Kommentar von Thomas Kistner

Darauf hat die Welt gewartet: Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat jetzt mit der Internationalen Partnerschaft gegen Korruption im Sport (IPACS) neue Taskforce-Einheiten gegründet. Diese sollen krummen Deals im Sport entgegenwirken und die Integrität der Vergabe großer Events schützen. Es geht um Good Governance. Saubere Organisationsführung.

Das könnte man begrüßen, gäbe es nicht ein Rahmengeschehen, das solche Projekte als das entlarvt, was sie wohl sind: Tricks und Drehs, um die ja gerade intransparente, zunehmend von kriminellen Praktiken belastete Geschäftskultur der Weltverbände abzusichern.

IPACS ist eine Vereinigung diverser Stakeholder: Das IOC ist dabei, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), das UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung sowie die bemerkenswert umtriebige britische Regierung. Welche Schlagkraft von so einer Melange zu erwarten ist, und vor allem: welche Unabhängigkeit - das lässt sich schon daraus ablesen, dass hier viele Netzwerker ohne exekutive Kraft mitwirken. Und dass der Sport selbst ganz vorne dabei ist.

Die Funktionäre führen Aufsicht über sich selbst - die externen Partner braucht es fürs Image

Dagegen steht aber die Schlüsselerkenntnis, die aus den vielen Sumpflandschaften um das IOC und den Fußball-Weltverband Fifa emporsteigt: Eine saubere, effektive Aufsicht über die Geschäftsführung der Weltsportverbände ist völlig ausgeschlossen, solange deren Funktionäre dabei mitreden dürfen.

Diese Leute, das wird gern vergessen, führen gerade eine Art Überlebenskampf. Diskret überleben soll die von externer Kontrolle befreite Geschäftskultur, die das Funktionärsleben bisher so angenehm und profitabel gemacht hat. Da gibt es gerade raue Zeiten zu überstehen. Die US-Justiz hat ihr erstes Fifagate-Verfahren geführt, weitere stehen an; auch wirft die US-Bundespolizei FBI bereits ein Auge auf olympische Spitzenleute. Es ermitteln Strafbehörden in diversen Ländern zu den Spiele-Vergaben an Rio 2016 und Tokio 2020. Immer mehr Mitglieder des Ringe-Clans rücken in den Fokus der Ermittler; einflussreiche Figuren saßen oder sitzen hinter Gittern oder im Arrest, andere tasten sich nur noch furchtsam durch die Welt und bleiben Treffen in westlichen Ländern fern.

Und jetzt droht diesem Sport auch noch der Europarat: mit einem wirklich unabhängigen Aufsichtsorgan für Good Governance. So steht es in einem gerade vorgelegten Bericht des Kultur- und Sportausschusses. Schon im Januar soll dieser Report samt der Empfehlung im EU-Parlament präsentiert werden.

Man braucht nicht um den heißen Brei reden: Die Installation ständig neuer, offen oder diskret lenkbarer Kommissionen ist ein Ur-Reflex des organisierten Sports auf Bedrohungen von außen. Und jetzt kämpft das IOC, auch ohne die Russland-Krise, mit schweren Integritätsproblemen. Doch welche Glaubwürdigkeit kann ein bis in die Spitzengremien von Ermittlungen belasteter Verband erwarten für Governance-Übungen, bei denen er selbst der Vorturner ist?

Organisationen dürfen sich verbünden und verbinden, wie es ihnen behagt. Nur sollten diejenigen, die dabei einen Ruf zu schützen haben (UN, OECD) gut prüfen, welche Aufgabe ihnen über reine Imagekosmetik hinaus zufällt. Mag jedem Anfang auch ein Zauber innenwohnen: Bei den Besserungsoffensiven des Sports war es stets ein fauler Zauber.

© SZ vom 21.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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