Kommentar:Schummelt da wer?

Lesezeit: 2 min

Unabhängig davon behaupten englische Profiwetter, im Zockermarkt Nummer 1, in Asien, sei es am Wochenende zu kuriosen Millionenwetten auf deutsche Fußballspiele gekommen.

Von Klaus Hoeltzenbein

Langsamkeit und die Verschleppung von Verfahren wird dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) künftig niemand mehr vorhalten können.

Mittwochvormittag hieß es aus der Zentrale in Frankfurt/Main, es sei nicht abzusehen, wie lange die Prüfung der Seltsamkeiten im und um das Zweitligaspiel Aue gegen Oberhausen dauern würde, es lägen ja noch keine Fakten vor - am Mittwochabend aber kam schon die Entwarnung: Da ist nichts und da war wohl nichts.

Studium der TV-Bilder (Eigentor, fragwürdiger Elfmeter) und Lektüre der Eidesstattlichen Erklärungen der Oberhausener Spieler würden, so Chefermittler Horst Hilpert, keine Anklage rechtfertigen. Damit, so scheint es, legt der DFB den Vorgang unter der Rubrik "Kuriositäten" zu den Akten.

Ja, sind wir denn in Brasilien?

Skandale, die sind anderswo, derzeit in Portugal, Tschechien, Aserbaidschan, Rumänien, Türkei, Vietnam, Griechenland, Spanien, China oder Brasilien. Alles ganz, ganz weit weg.

Wäre juristisch ja auch ein Witz, eine Anklage unter dem Vorwurf "kuriosestes Eigentor der Saison" zu erheben. Mehr bleibt ja auch nicht übrig, wenn die Blitzermittlungen auf den Kern, also auf das 2:0 für Aue, reduziert werden. Nur hätte man beim DFB ein ermittelndes Interesse dafür erwarten können, was am Sonntag sonst noch so geschah - eine Verkettung von Zufällen?

Eine Weltverschwörung? Erstmals wurde ein Fußballspiel der Ersten oder Zweiten Bundesliga in einer internationalen Kettenreaktion wenige Stunden vor Anpfiff von den Wettzetteln gestrichen. Mitarbeiter der englischen Wettbörse Betfair, beim Internetanbieter Intertops bis hin zum österreichischen Wettbüro Pagobet erklären, sie hätten Quotenverläufe wie nie zuvor bei einem deutschen Ligaspiel beobachtet.

Mysteriöse Millionenwetten in Asien

Unabhängig davon behaupten englische Profiwetter, im Zockermarkt Nummer 1, in Asien, sei es am Wochenende zu kuriosen Millionenwetten auf deutsche Fußballspiele gekommen. Und der Kölner Express stellte Jörn Andersen die Frage nach dem Betrugsverdacht und zitiert ihn so: "Ich kann und will mir das nicht vorstellen... Allerdings sind mir zu meiner Trainerzeit in Oberhausen solche Gerüchte schon oft zu Ohren gekommen."

Ein guter Zeuge wäre auch dieser Andersen, schließlich ginge es ja nur darum, all diese böse Gerüchte offensiv aus der Welt zu schaffen. Dazu aber bedürfte es der Einrichtung eines Untersuchungsausschusses.

Vor der WM 2006 aber soll offenbar niemand die heile deutsche Fußballwelt irritieren, niemand das frohe Fest der Wetter stören. 30 Millionen Euro, so der Beschluss der Ministerpräsidenten vom Donnerstag, wird die staatliche Fußballwette Oddset zur Finanzierung des WM-Rahmenprogramms beitragen. Dazu bedarf es eines sauberen Rufes.

Doch keine Sorge, scharf ermittelt wird im deutschen Fußball weiterhin. Bald wieder, wenn ein Torschütze das Trikot über den Kopf zieht - zum streng verbotenen Jubelritual.

© SZ vom 17.12.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: