Kommentar:Rhein unter

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In Nordrhein-Westfalen macht sich allmählich Angst breit: Sowohl Fortuna Düsseldorf als auch dem 1. FC Köln droht im Frühjahr die Versetzung in die zweite Liga.

Von Klaus Hoeltzenbein

Noch hält die Allianz am Rhein. Auch wenn dieser Fluss viel Trennendes hat, sich Linksrheinische und Rechtsrheinische immer mal was auf die Glocke hauten, nicht nur, als dort die Römer hausten. Sobald aber heute jemandem das Wasser bis zum Hals steht, darf mit Nachbarschaftshilfe gerechnet werden. Bisweilen sogar unfreiwillig, denn ein 0:2 hatten die Leverkusener gewiss nicht im Plan, als sie am Samstag über den Fluss ins Luftlinie knapp 15 Kilometer entfernte Kölner Stadion aufbrachen. Trotzdem standen die Rechtsrheinischen dort Spalier, sie vergaßen völlig das feine Spiel, dem sie sich verschrieben haben. Zwei Profis flegelten sich vorzeitig vom Platz, und in der Überzahl war es sogar den Kölnern ein Leichtes, gegen diesen Tarifpartner aus der Nahverkehrszone den dritten Saisonsieg einzufahren.

Ein Hoffnungsschimmer, nicht mehr, nicht weniger. Weiterhin droht Nordrhein-Westfalen ein Kollektivabstieg - und die Region am Rhein, stets Kernland der Bundesliga, könnte es besonders hart treffen, da auch Düsseldorf nicht erst seit dem 0:3 gegen Leipzig die Fassung verliert. Zudem dürfte für Paderborn, den Letzten, das 1:1 im Aufsteigerduell gegen Union Berlin am Ende zu wenig sein. Dort aber ist es ein zugegebenermaßen schwacher Trost, dass bei der nicht einmal 50 Kilometer entfernten Arminia aus Bielefeld gerade der Aufstieg angepeilt wird. Westfalen würden Westfalen ersetzen, doch wer schließt das Loch am Rhein?

Ein strenger Blick in die Tabelle lässt trotz der frischen Kölner Euphorie das Schlimmste befürchten. Nämlich dass NRW schon heute damit beschäftigt ist, nur noch Platz 16 auszuspielen, also den Relegationsplatz fürs Duell ums Überleben gegen den Zweitliga-Dritten. Man muss in der Tabelle ja nur mal in der Mitte den Cut machen und sich die Konkurrenz von Platz zehn an abwärts anschauen: Union Berlin und Augsburg präsentieren sich höchst vital, bei Frankfurt und Hertha BSC wirkt der Kader massiv genug, um eigenmächtig dem Negativstrudel einer verpatzen Hinrunde zu entkommen. Blieben Mainz (0:4 gegen Dortmund) und Werder Bremen (1:6 bei den Bayern). Beide sind schwer angezählt, beide kennen sich aber auch bestens aus in der Kunst des Überlebens: Mainz ist seit 2009 erstklassig, Bremen war seit Ligagründung nur eine einzige Saison (1980/81) in die zweite Liga strafversetzt.

Rhein unter? Vorstellbar ist sogar, dass sich die NRW-Krise über die Landesgrenze erweitert, indem sie den Fluss hinauf nach Rheinhessen schwappt. Dass sie zu einer Karnevalskrise wird, sollten die Mainzer bis Februar in der Tabelle noch tiefer runter zu den jecken Brüdern aus Köln und Düsseldorf finden. In Mainz ist das Motto für die Fastnacht 2020 längst gewählt: "Humor ist Meenzer Lebensart, mit Herz und Toleranz gepaart". Wünschenswert wäre, dass diese schöne Maxime auch in den Pressschlägen des Abstiegskampfes ihre Leichtigkeit behält.

© SZ vom 16.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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