Kommentar:Präsente von der Raststätte

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Der Ligabetrieb der Fußball-Bundesliga spielt diesmal fast bis Weihnachten durch, was den einen oder anderen Verein vor gewisse Aufgaben stellt. Ein deutscher Skifahrer allerdings sagt nicht zu unrecht: "Das ist Jammern."

Von Markus Schäflein

Der Fußball-Zweitligist Union Berlin gerät am 23. Dezember unter Termindruck. Nur wenige Stunden nach dem Abpfiff der Auswärtspartie bei Erzgebirge Aue steigt im heimischen Stadion An der Alten Försterei das traditionelle Weihnachtssingen. "Dem Antrag für einen alternativen Termin konnte die Deutsche Fußball Liga wegen der Komplexität der Spielplan-Terminierung nicht nachkommen", wurde mitgeteilt. Von Aue nach Berlin sind es rund 300 Kilometer, das wird eng. Und Union-Trainer Urs Fischer fühlt sich noch aus einem anderen Grund gestresst. Weil er für einen Besuch in der Fußgängerzone bis zum 24. Dezember keine Zeit haben wird, musste er das Weihnachtsgeschenk für seine Frau im Fanshop am Trainingsgelände erwerben: "Ich habe schon was gekauft, sage aber nicht was - es soll ja ein Geschenk sein."

Da wird seine Frau aber gespannt sein. Mögliche Produkte: "Flaschenöffner Hymne 8,95 Euro", "Kuschelsocken rot-weiß 9,95 Euro", "Frauen Bomberjacke - Eisern 89,95 Euro".

Nicht überall sorgt der Spielplan für so viel Verdruss. Trainer Julian Nagelsmann, der mit 1899 Hoffenheim erst kurz vor 20 Uhr am 23. Dezember in den Urlaub geht, findet: "Ich glaube, so schlecht geht es dem Fußballprofi an sich nicht, der kann auch am 23. mal spielen." Und Sportler anderer Disziplinen, wie Skirennläufer Josef Ferstl, können die Diskussion der Kicker über den ungewohnt nah an den Feiertagen liegenden Spieltag ohnehin nicht nachvollziehen. "Die haben das Glück, Fußballer zu sein, einen Haufen Kohle zu verdienen", meinte Ferstl. "Die sollen mal mehr wertschätzen, was sie eigentlich haben. Uns geht es allen nicht schlecht. Das ist Jammern, das braucht es nicht."

Richtig! Hört auf zu jammern! "Fehlende Besinnlichkeit oder notwendige Professionalität?", fragte die Deutsche Presse-Agentur, und man kann ihr nur zurufen: beides! Wer braucht Besinnlichkeit, wenn es Fußball gibt, und ein bisschen Professionalität darf man ja wohl auch von den Fans verlangen. Anhänger des VfL Wolfsburg, die am Sonntagabend die 604 Kilometer aus Augsburg zurücklegen, finden an zahlreichen Autobahnraststätten die Gelegenheit für originelle Präsente für ihre Liebsten. Und die Ultras von Union planen dem Vernehmen nach, wegen des Weihnachtssingens ihre besten Sänger vom Auswärtsspiel in Aue freizustellen.

Eine Lücke hat die Deutsche Fußball Liga allerdings im Spielplan hinterlassen. Die Frage muss erlaubt sein, warum sie ausgerechnet am 24. Dezember auf ihr beliebtes Montagsspiel verzichtet. Hannover gegen Düsseldorf und Paderborn gegen Darmstadt hätten Heiligabend-Unterhaltung für die ganze Familie garantiert. Stattdessen kommen wieder "Die Feuerzangenbowle", "Kevin - Allein zu Haus" und "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel".

© SZ vom 18.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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