Kommentar:Post für Diack

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Sebastian Coe oder Sergej Bubka - wer wird ab Mittwoch den Leichtathletik-Weltverband führen? Auf den neuen Mann an der Spitze warten viele offene Fragen.

Von Michael Gernandt

Sogar in Indien ist das Problem jetzt nicht mehr zu übersehen: Dem Weltverband der Leichtathleten (IAAF) steht das Wasser bis zum Hals. Besorgt klärte deshalb das Onlineportal zeenews.com darüber auf, worum es den Herren Sebastian Coe und Sergej Bubka - den Kandidaten für die Nachfolge des zurücktretenden Präsidenten Diack -, wirklich gehen sollte: Zwei Legenden, heißt es da, kämpfen, um die Leichtathletik zu retten. Nur ist die von Vertrauensverlust, von Doping- und Korruptionsaffären gebeutelte Sportart inzwischen derart angeschlagen, dass es ohne Oberretter wohl doch nicht geht. Ergo muss gewählt werden. Und damit beim Votum nichts schief geht, wie andernorts bei Abstimmungen mit anfälliger Digitaltechnik, schreiben am Mittwoch beim Wahlkongress in Peking die zwei Hundertschaften Delegierte sicherheitshalber ihren Favoriten auf ein Stück Papier. Danach ab damit in die Urne und beim Auszählen per Hand bloß keine Fehler machen.

Wie der neue Mann die IAAF wieder auf die Beine bringen will, ist so ungewiss wie schon lange nichts mehr in den 113 Jahren des Verbands. Vor lauter Fragezeichen bietet sich in dem ganzen Chaos kein Durchblick mehr auf die Zukunft. Hier nur eine kleine Auswahl: Warum hat man nach den ersten Dopingenthüllungen der ARD acht Monate gebraucht, um Dutzenden russischen Betrügern die rote Karte anzudrohen? Warum nicht auch mal die radikale Sanktion anwenden: WM- oder Olympia-Sperre für einen notorisch auffallenden Nationalverband, wie es der Chef der Wada-Kommission zur Untersuchung der Vorgänge in Putins Reich gefordert hat? Wirklich nur, um saubere Sportler zu schützen? Warum immer nur Betonabwehr gegen niederprasselnde Dopingvorwürfe, angeblich von "Leuten, die die Leichtathletik ruinieren wollen" (Russlands Sportminister Mutko)? Warum keine Vertrauen bildende Vorwärtsstrategien? Hat sich noch nicht herumgesprochen, wo die wahren Schädlinge der Leichtathletik wüten? Wo bleibt die Aufklärung der hanebüchenen Korruptionsdelikte in der Causa Russland? Sollte etwa die Abschiedsfeier für Präsident Diack nicht gestört werden, dessen Sohn in die Affäre verstrickt sein soll?

Nein, Feten können sie sich bei der IAAF nach der "desaströsen Herrschaft von Diack" ( The Guardian) abschminken. Wer dennoch glaubt, den Senegalesen ("Ich habe die Grundlage geschaffen für die Zukunft der IAAF") am Ende noch mit Orden schmücken zu müssen, kann diese ja in dessen Heimat schicken, nach Dakar. Am besten postlagernd. Öffentlich sollten sie ihm nicht verliehen werden.

© SZ vom 18.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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