Kommentar:Herr ohne Verfahren

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Der DFB hat sich bei der Affäre um den Schiedsrichter Robert Hoyzer nicht gerade mit Ruhm bekleckert, meint Thomas Kistner.

Es wird dauern, bis alle Betroffenen in der Hoyzer-Affäre ihre Regressforderungen errechnet haben, und länger noch, bis darüber befunden ist, ob und wie viel die möglicherweise Geschädigten erhalten werden - und von wem.

Schließlich hat Sportskamerad Hoyzer sein linkes Spiel im Auftrag und unter Aufsicht des Deutschen Fußball-Bundes getrieben, in dessen Reihen der 25-Jährige übrigens einen ziemlich atemberaubenden Aufstieg hingelegt hat. Auch diesbezüglich, über die Anforderungsprofile, Spielbeobachtungen und Qualitätskontrollen beim Pfeifpersonal, wird im Zuge dieses Skandals noch zu reden sein.

Sicher ist, dass sich der Schaden nicht beziffern lässt, der am Image des DFB entstanden ist. Wobei sich der Verband selbst nicht, allem öffentlich herausgekehrten Aufklärungseifer zum Trotz, mit Ruhm bekleckert hat.

"Rasch" ist relativ

Dass man, wie Präsident Zwanziger erklärte, die Öffentlichkeit rasch informieren wollte, um nicht den Anschein interner Mauschelei zu erwecken, ist ehrenwert - nur greift der löbliche Vorsatz hier ins Leere.

Tatsächlich hat der DFB die Affäre lange in Eigenregie durchgewurstelt - nicht aus Sicht des sensationshungrigen Publikums, sondern aus Sicht staatlicher Verfolgungsorgane, die es ja nun mit einem Betrugsfall in gewerblichem Umfeld zu tun haben dürften. Da lässt sich weit wirkungsvoller ermitteln, wenn die Verdächtigen ahnungslos sind.

Keine Ehrenerklärung...

Viel deutet darauf hin, dass der um seinen Ruf besorgte DFB Herr des Verfahrens bleiben wollte - und weiter bleiben will. Dazu passt der Umgang mit dem Kronzeugen Zwayer. Dass der Referee nach Lage der Dinge ein Vierteljahr brauchte, um die Kenntnis von einem Manipulationsversuch weiterzugeben, muss ja nicht unbedingt mit einer Ehrenerklärung geadelt werden.

Das sagt einiges über die Mentalität. Und vielleicht meint der Verband, im bösen Spiel auch ein paar Gute präsentieren zu müssen (an deren Existenz kein Zweifel besteht). Der DFB sollte vermeiden, weiter Entscheidungen aus dem Bauch zu treffen, aus dem Gefühl der Stärke eines Sechs-Millionen-Verbandes, das sich hier leicht als trügerisch erweisen kann.

© SZ vom 26.01.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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