Kommentar:Es ist ein Junge!

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Grid Boys bei der Formel 1, Jungs mit Runden-Nummern beim Boxen, männliche Models als Ballholer beim Tennis: An den Spielfeldrändern dieser Sportwelt tut sich einiges, was Aufmerksamkeit erregt - und ablenkt.

Von René Hofmann

Dass das Thema immer wichtiger wird, zeigt bereits, von wem die Debatte jetzt auch schon geführt wird. Weder das Boxen noch der Motorsport waren bisher bekannt dafür, sich in Sachen Gleichstellung besonders hervorzutun. Nun aber hat die schwedische Box-Weltmeisterin Mikaela Laurén sich eindeutig positioniert. Die 40-Jährige, die vom deutschen Sauerland-Stall betreut wird, droht, ihren Titelkampf am Samstag in Stockholm gegen die Kroatin Ivana Habazin abzusagen, sollten in den Pausen wieder Frauen Schildchen mit den Rundentafeln durch den Ring tragen. Laurén besteht darauf, Männer zu sehen. "Es ist kein Problem, hübsche Jungen zu finden, die mit einem Schild in der Hand gehen können", hat sie in der in der Zeitung Aftonbladet kund getan: "Wenn alle Männer Nummern-Girls haben, will ich Nummern-Boys. Für mich ist das eine Selbstverständlichkeit. Ansonsten ist das Diskriminierung."

Die Formel 1 hat die Gleichberechtigung in diesem Bereich bereits ausprobiert. Beim viel beachteten Großen Preis von Monaco gab es 2015 nicht nur Grid Girls, sondern auch Grid Boys. Sebastian Vettel war allerdings alles andere als angetan, als ihm ein solcher zugeteilt wurde. "Wenn ich das Auto parke und mir den Hintern von irgendeinem George oder Dave anschaue, dann bin ich nicht glücklich", grollte der Ferrari-Fahrer. Sein Unmut steigerte sich noch, als er erfuhr, welchen Ausblick sein Rivale Lewis Hamilton in der Startaufstellung hatte. Die Startnummer für den Weltmeister, der auf der Pole Position parkte, hielt das Model Cara Delevingne.

Schöne Ablenkung oder Symbole für eine immer noch existierende Ungleichbehandlung? Die Bedeutung der Randfiguren bei Sportveranstaltungen lässt sich ebenso leicht herunterspielen wie sie sich überhöhen lässt. Nur eines ist sicher: Auch so lässt sich Aufmerksamkeit generieren. Als einer der ersten hat das der Tennis-Vermarkter Ion Tiriac erkannt und genutzt: Bei seinem Turnier in Madrid ließ er einst statt Kinder ein Dutzend sorgfältig gecasteter Models die Bälle aus dem Netz sammeln. Das fand Beachtung. Allerdings nicht lange. Schon wenig später musste die Szene nachlegen. Sie tat es, indem sie fürs Frauen-Turnier am gleichen Ort männliche Models auswählen ließ. In der fachkundigen Jury saß unter anderem Wimbledon-Siegerin Maria Scharapowa.

Männlein? Weiblein? Die Frage ist natürlich immer spannend. Aber im Grunde ist sie auch müßig, so lange es nur um Nebenrollen geht. Die Debatten darüber lenken ein wenig ab vom wesentlichen: von der Frage, wie es jeder Sport mit der Besetzung der Hauptrollen hält. In diesem Punkt hat sich Formel-1-Vermarkter Bernie Ecclestone diese Woche eindeutig positioniert. Frauen, findet der 85-Jährige, würden als Pilotinnen einfach "nicht ernst genommen".

© SZ vom 21.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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