Kommentar:Ende mit Zukunft?

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Es ist gut, dass in der Formel 1 die Zeit von Bernie Ecclestone vorbei ist. Aber das heißt noch lange nicht, dass es dadurch automatisch besser wird.

Von René Hofmann

Wo anfangen? Es gibt so viele Gründe, warum die Demission von Bernie Ecclestone gut für die Formel 1, ja sogar gut für das Ansehen des gesamten Sports sein könnte. Die Einstellung des 86-Jährigen zu Frauen war ebenso aus der Zeit gefallen wie seine Ansicht, als effiziente Führungsstruktur habe sich auf allen Feldern eigentlich nur die Diktatur bewährt.

Über Frauen hat Ecclestone einmal, es ist wirklich kein Witz, gesagt: Diese sollten am besten "immer ganz in Weiß gekleidet sein - wie alle Küchengeräte". Adolf Hitler hielt Ecclestone für jemanden, "der viele Menschen führen konnte und fähig war, Dinge zu erledigen". Einen skrupellosen Rassisten vermochte Ecclestone in Hitler nicht zu erkennen, der einstige Gefreite sei halt "mitgerissen und überredet worden, Dinge zu tun, von denen ich nicht weiß, ob er sie tun wollte oder nicht", so Ecclestone.

Ecclestones Absetzung mag gut fürs Geschäft sein, bedeutet aber nicht, dass alles besser wird

Auch Saddam Hussein vermochte Ecclestone einiges abzugewinnen: "Man braucht jemanden, der den Lichtschalter an- und ausknipst. Saddam Hussein war jemand, der den Schalter ausgeknipst hat. Er hat aus dem Irak ein stabileres Land gemacht", erklärte Ecclestone öffentlich. Kein Wunder, dass er die Kritik nicht verstand oder nicht verstehen wollte, die sich an dem Kurs entzündete, auf den er die Formel 1 zuletzt geschickt hatte: weg aus Europa und ohne Rücksicht auf die Menschenrechte hin auf immer weniger demokratisch regierte Märkte.

So lange Ecclestone an der Spitze des Renngeschäftes stand, konnten sich alle engagierten Konzerne noch so sehr mühen, die Jagd nach der letzten Tausendstelsekunde als Hightech-Wissenschaft zu verkaufen - es blieb vergeblich. Unter dem einstigen Gebrauchtwagenhändler blieb die Show stets ein Rennzirkus, dem etwas Schmuddeliges anhaftete. Ein Schmiermaxe färbt halt immer ab. Ecclestones Absetzung, die die neuen Formel-1-Eigentümer aus den USA, von Liberty Media, in der vergangenen Woche in dem Moment exekutierten, in dem ihnen die Macht zufiel, ist deshalb gut für das Geschäft. Sie war lange überfällig.

Das alleine bedeutet aber keineswegs, dass nun alles besser wird.

Fifa und IOC zeigen, dass sich Hoffnungen auf einen Neuanfang zerschlagen können

Die Formel 1 sieht sich selbst immer gerne auf Augenhöhe mit der Fußball-WM und den Olympischen Spielen, den zwei Sportereignissen von unzweifelhaft globalem Interesse. Gerade der Blick auf diese aber zeigt, wie schnell sich die Hoffnungen auf einen Neuanfang zerschlagen können. Gianni Infantino, seit Februar 2016 Präsident des Fußball-Weltverbandes Fifa, hat gerade dafür gesorgt, dass das WM-Turnier ab 2026 auf 48 Teilnehmer weiter aufgebläht wird und zeigt auch sonst Züge von Geschäftspraktiken, die an jene seines unseligen Vorgängers Sepp Blatter erinnern. Und Thomas Bach trauen nach dessen Milde im Umgang mit den russischen Staatsdopern wahrlich nur noch zum Äußersten entschlossene Optimisten eine Renovierung des Internationalen Olympischen Komitees zu.

Dass unter neuen Herrschern vieles schnell anders wird, ist eine Hoffnung, die gerade im Sport zuletzt häufig enttäuscht wurde. Auch Liberty Media hat die Formel 1 nicht gekauft, um die angeblich so tugendhaften Werte zu stärken, die ein leidenschaftliches Gegeneinander auf dem Sportplatz vorbildlich freisetzen soll. Das Unternehmen will vor allem Geld verdienen. In diesem sehr wesentlichen Punkt unterscheidet es sich nahezu gar nicht von Bernie Ecclestone.

© SZ vom 28.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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