Kommentar:Eine seltsame Botschaft

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Von Thomas Hahn

Alle Fragen sind erlaubt, und auch jene, die sich auf der richtigen Seite wähnen, müssen sich der Skepsis stellen. Die Entdeckung der französischen Sportzeitung L'Équipe, dass Lance Armstrong 1999 beim ersten seiner insgesamt sieben Tour-de-France-Siege auf sechs Etappen mit dem Blutdopingmittel Epo fuhr, hat ein beträchtliches Echo hervorgerufen, und natürlich gibt es im Sturm der Stimmen nicht nur Anerkennung für das entlarvende Werk, sondern auch Zweifel an den Quellen zum Befund.

Beschwerden kamen von Armstrong selbst, aus der Rad-Lobby und - aus der deutschen Antidopingszene. Roland Augustin, Geschäftsführer der Nationalen Antidoping-Agentur sagt auf ARD.de: "Es ist gegen grundsätzliche Regeln der Ethik von Sportlern und Dopingbekämpfern verstoßen worden."

Die Bedenken sind leicht zu zerstreuen. Die Ergebnisse aus dem Antidoping-Labor in Châtenay-Malabry stammen aus einer wissenschaftlichen Arbeit, die Leiter Jacques de Ceaurriz ordnungsgemäß mit der Weltantidopingagentur Wada abgesprochen hat.

Investigativer Journalismus

Namen hat das Labor nicht herausgegeben. Die Berichterstattung gründet auf den Recherchen des L'Équipe-Experten Damien Ressiot, der seine Behauptungen mit umfassenden Dokumenten belegt. Der Mann hat sich aus einem dichten Netz von Informanten bedient, um die Untergrundaktivitäten eines weltberühmten Athleten zu entlarven. Es handelt sich hier um ein Stück investigativen Journalismus', das sich keinen behördlichen oder anderen Formalismen verpflichtet sieht, sondern nur der Wahrheit.

Armstrong wird das trotzdem alles ungerecht finden, das ist normal. Dass allerdings der Nada-Geschäftsführer Augustin als Frontmann des deutschen Antidoping-Kampfs Verfahrensfehler beklagt, über die er sich gar nicht kundig gemacht hat, ist schon etwas verwirrend. Innenminister Schily brüstet sich in Bild, die Gründung der Nada forciert zu haben.

Gleichzeitig findet sein oberster hauptamtlicher Doping-Bekämpfer die seit Jahren wichtigste Erkenntnis aus den Abgründen des Radsports irgendwie anrüchig. Diese Botschaft versteht keiner, zumindest passt sie nicht zu einer Institution, die abschreckend auf potenzielle Sportbetrüger wirken will. Keine Frage, L'Équipe hat wertvolle Arbeit geleistet, das dürfen auch strukturell denkende Amtsinhaber einsehen und sich vielleicht sogar fragen, warum ihre Behörden solche Enthüllungen nicht zustande bringen.

© SZ vom 26.8.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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