Kommentar:Die Granden gehen

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Rudi Assauer war Schalke - er hat dem Klub sportlich zu der Größe verholfen, die er heute wieder hat. Sein Erbe zeigt aber, dass er im Alltagsgeschäft doch erkennbar die Kontrolle über zu vieles verloren hat.

Klaus Hoeltzenbein

Das, was die klassische Spionage unter einem Maulwurf versteht, ist Rudi Assauer nie gewesen. Assauer war kein Agent oder Informant, der sich tief und gut getarnt in eine Organisation eingeschlichen hat und für Auftraggeber Informationen besorgte - er selbst war die Organisation, von der es nun in seinem Abschied heißt, er habe sie verraten.

Rudi Assauer war Schalke, der Klub war Anfang der neunziger Jahre aus der Asche und im Qualm seiner Zigarren neu erschaffen worden. Im April 1993 wurde Assauer zum zweiten Mal (zuvor 1981 bis 1986) dort angestellt, kurz nachdem Schalke den Absturz in die dritte Liga vermieden hatte, und kurz bevor wieder einmal der Lizenzentzug drohte.

Wie es Assauer damals im Feilschen mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) hinbekam, dass seine notorisch klamme Organisation immer wieder die Lizenz erhielt, gilt heute noch als kleines Wirtschaftswunder am Schalker Markt.

Und es waren wohl gerade jene findigen Tage, in denen sich die Legende festigte, wer Schalke rettet, der müsse besonders gut mit Geld umgehen können. Lange galt Assauer als Alleinherrscher, um ihn herum erloschen die Hochöfen, seine Zigarre war Symbol: Das alte Revier stellt den Betrieb ein, das neue Schalke aber steht unter Dampf.

1997 eroberten die als Eurofighter bejubelten königsblauen Malocher den Uefa-Pokal, 2001 wurden sie im schon legendären Bundesliga-Finale zum Vier-Minuten-Meister, am Ende aber nur der Meister der Herzen - Rudi Assauer qualmte und weinte bittere Tränen auf der Balustrade.

Schon in jenen Tagen wurde der Manager zur Folklore. Rechnen, also mit Geld umgehen, taten da meist schon andere im Verein. Es entwickelte sich der Eindruck, Assauer habe damit Probleme, das Teile-und-herrsche wurde nie zu seinem Prinzip.

Schwieriges Erbe

Während gleich nebenan Borussia Dortmund, der börsennotierte Erzrivale, einen Crash erlebte, häufte auch Schalke enorme Verbindlichkeiten an. Assauer hat dem Klub sportlich zu der Größe verholfen, die er heute wieder hat. In seinem Erbe als Manager stehen aber auch rund 120 Millionen Euro an Verbindlichkeiten.

Über deren Tilgung entwickelte sich wohl jenes Zerwürfnis, in dem Assauer dem Focus Interna verraten haben soll, wofür der Aufsichtsrat ihn nun entließ. Nach Reiner Calmund in Leverkusen verlässt ein weiterer Grande die Liga - beide hatten ihre Heldenzeiten, im Alltagsgeschäft aber doch erkennbar die Kontrolle über zu vieles verloren.

© SZ vom 18. Mai 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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