Kommentar:Charmanter Fanprotest

Lesezeit: 2 min

Fans demonstrieren friedlich-ironisch gegen die Zerstückelung des Bundesliga-Spieltags. Doch nirgends war es so kreativ, wie es bald in Mainz aussehen soll.

Von Barbara Klimke

Es ist wohl an der Zeit, sich einem zu Unrecht verunglimpften Alltagsphänomen zu widmen, dem Wochenanfang. Was haben sie ihn schlecht gemacht, den Montag mit seinem Montags-Blues, der Montagsmüdigkeit, den Montagsmuffeln und den Montagsautos samt ihren notorischen Kupplungsschäden. An keinem anderen Tag, heißt es, sei die Laune schon früh so mies, nicht mal an einem Niesel-Dienstag, der um 6.05 Uhr nicht heller aussieht. Am Montag ist die Produktionskraft minimal, wie Studien bezeugen. Dafür steigt die Zahl der Krankmeldungen ins Maximale, was womöglich mit Erkenntnissen der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege zu erklären ist, wonach sich montags die meisten Unfälle ereignen. Und nun wird am Montag auch noch Erstliga-Fußball gespielt.

Die Pläne der Deutschen Fußball Liga (DFL), den Bundesligaspieltag weiter aufzusplittern, riefen von Beginn an Zorn hervor. Neben der Traditionsverabredung, Samstag, 15.30 Uhr, gibt es inzwischen pro Spieltag bis zu sechs weitere Termine. So ist ein Zeitplan-Wirrwarr entstanden, das die zahlende Kundschaft empört. Zumal die treueste Klientel beträchtlichen logistischen Aufwand betreibt, um Hunderte von Kilometern zu Auswärtsspielen zu reisen, was am ersten Tag der Woche den Montags-Blues wahrscheinlich noch verstärkt. Fanproteste wurden angekündigt, ein europaweit strapazierter Begriff, der rustikale Störaktionen befürchten ließ. Doch es kam anders: Denn stattdessen hat die Fußball-Szene mit Montagskreativität reagiert.

In Frankfurt, beim ersten Feldversuch der DFL an einem Montagabend, ploppten von den Rängen gelbe Tennisbälle auf den Platz. Ultras zogen in den Innenraum - und dann wieder ab. Mit dem friedlich-ironischen, aber machtvollen Ausdruck des Widerstands war der Ton für weitere Aktionen in Dortmund und Bremen gesetzt: "Montag ist zum Ausnüchtern!", pinselten die Fans als Gruß an die DFL auf ihre Plakate. Oder: "Selbst mein Friseur hat am Montag frei."

In Mainz, wo am 16. April das nächste Montagsspiel gegen den SC Freiburg anberaumt ist, setzt sich der charmante Protest nun fort. Der Anhang beider Klubs hat angekündigt, den Traditionstermin für sich selbst zu reklamieren: Unter dem Motto "Samstag halb vier - Fußball, Bratwurst, Bier" wird ein Duell zwischen einer Fan-Auswahl aus Mainz und Freiburg angepfiffen. Danach gibt es eine konstruktive Podiumsdiskussion.

Das ist der angemessene Rahmen für den Kulturkampf, der gerade über den Wochenkalender des Fußballs ausgetragen wird. Am Montag hat ein Fußballliebhaber hierzulande anderes vor, als den Flug des Balls im Stadion zu bestaunen. Vielleicht ist es auch banaler. Vielleicht muss der Fan nach einem Wochenende mit Fußball, Bratwurst und Bier zur Abwechslung einfach nur mal zuhause bleiben. Weil am Montag dann der Partner trotz Montagsmüdigkeit zum Yoga geht.

© SZ vom 31.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: