Kommentar:Caffè Roma

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Zwei heiße Kandidaten für die Krönung zum peinlichsten Fackelträger der 20. Winterspiele.

Birgit Schönau

Für die Krönung zum peinlichsten Fackelträger der 20. Winterspiele möchten wir heute zwei ganz heiße Kandidaten unterschiedlicher Herkunft und Prägung präsentieren.

Da ist zum einen der Römer Paolo Di Canio, dem das Olympia-Feuerzeug auf seinem Zug durch die Hauptstadt in die Hand gedrückt wurde, damit Di Canio wenigstens einmal bei einem öffentlichen Auftritt den rechten Arm nicht nach oben reißen konnte.

So eine Fackel wiegt ja doch mehr, als man sich das als Lazio-Spieler denkt. Und tatsächlich: Di Canio bekam den Arm partout nicht nach oben, machte aber beim nächsten Liga-Spiel, von der Fackel befreit, wieder freudig seinen saluto romano.

Das würde unser zweiter Kandidat, Emanuele Filiberto Savoia, schon aus Staatsräson ganz bestimmt nicht tun. Sein Ur-Opa, König Vittorio Emanuele III., hatte sich mit den Faschisten so verbandelt, dass die Familie Savoia nach dem Krieg bei ihren einstigen Untertanen Hausverbot kriegte.

Die Savoia durften nicht mehr nach Italien. So musste Emanuele Filiberto anstatt in den überall verstreuten Königsschlössern seiner Vorfahren in einer stinknormalen 48-Zimmer-Villa in der Schweiz aufwachsen.

Gurkenprinz mit Herz

Dieser und einige andere unglückliche Umstände ließen ihn zum Juventus-Fan geraten, und als der Prinz heranwuchs, durfte er aus dem Ausland für die Rai die Fußballspiele seiner Lieblingsmannschaft kommentieren. Außerdem machte er Werbung für saure Gurken.

Der Gurkenprinz Emanuele Filiberto war dem Fernsehpublikum bald so ans Herz gewachsen, dass die Verbannung aufgehoben wurde. Im patriotischen Überschwang heiratete der Prinz in Rom. Es gab ein Verkehrschaos, trotzdem bemühten sich die Römer, nicht hinzugucken.

Die Römer mögen die Familie Savoia nicht besonders, denn diese herrschte ursprünglich nur in Turin, bevor Italien unter ihrer Federführung geeint wurde. Zu den Turinern fällt den Römern aber immer nur ein Kommentar ein: Torinesi, falsi e cortesi. Falsch und höflich. Beides sind die Römer ganz bestimmt nicht, das sieht man schon an Di Canio.

Herr Savoia würde jetzt ganz gern in die Politik gehen. Er wartet darauf, dass man ihm eine Kandidatur anträgt. Am liebsten würde er für Berlusconi und dessen noble Bewegung Forza Italia antreten,hat er erklärt. Weil Berlusconi den Savoia doch die Rückkehr aus dem Exil ermöglicht hätte.

An dieser Stelle müssen wir ein führendes Mitglied des Olympia-Organisationskomitees mit den Worten zitieren: "Die Savoia haben uns gerade noch gefehlt." Jetzt ist Herr Savoia Fackelträger.

Vor der alten Datscha seines Urururgroßvaters in Venaria Reale hat es nicht geklappt, weil ihn dort Anti-Monarchisten mit Würmern bedrohten. Jawohl, Würmer. Am Donnerstag aber wurde der Prinz in der Via Savoia in Turin erwartet, hinter der Absperrung gegen Würmerwerfer.

Cameriere! Darauf ein Gläschen saure Gurken.

© SZ vom 10.2.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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