Kommentar:Butter bei die Fische

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Die Dortmunder haben es mit ihrer stark besetzten Offensive geschafft, den Druck auf eine Bayern-Elf zu erhöhen, die mit sich selbst beschäftigt wirkt. Und natürlich den Druck auf Münchens Trainer Carlo Ancelotti.

Von Christof Kneer

Die wunderbare Uefa-Fünfjahreswertung wird leider viel zu selten gewürdigt, alle paar Monate erinnert sich mal jemand an sie. Das ist unfair, weil sich die Fünfjahreswertung wirklich Mühe gibt. Sie ist präzise und unbestechlich - und diese nach einem komplexen Schlüssel errechnete Länderwertung entscheidet am Ende ja darüber, welche Nationen wie viele Teams in die Europapokale entsenden dürfen. Aktuell führen mit lässigem Vorsprung die Spanier, während sich Engländer, Deutsche und Italiener ein enges Match um die Plätze dahinter liefern. Uiuiui, es dürfte also tipptoppspannend werden jetzt, wenn der FC Bayern, Borussia Dortmund und RB Leipzig die Zahlen der Bundesliga zu verteidigen versuchen - die Dortmunder zum Beispiel gegen Real Madrid und die Bayern gegen Paris Saint-Germain, den Klub aus der Hauptstadt jenes Landes, das auf Rang fünf lauert.

Man tritt der Uefa-Fünfjahreswertung aber nicht zu nahe, wenn man den Blick zurzeit erst mal nach innen richtet, in die eigene Bundesliga. In den vergangenen Jahren hat man bei diesem Blick zumindest an der Spitze kaum Spannendes entdecken können, aber allmählich könnte die Uli-Hoeneß-Fünfwochenwertung (wahlweise die Rummenigge-Fünfwochenwertung) interessant werden. In diesem Zeitraum begegnen die Münchner außer Paris auch RB Leipzig (Pokal) und Dortmund (Liga), jeweils auswärts.

Der BVB hat es geschafft, den Druck auf Bayern und Trainer Ancelotti zu erhöhen

Die Bayern befinden sich in einer Phase, in der die hohen Herren mal wieder die vergleichende Lektüre pflegen. Die 13 Punkte auf Bayerns Ligakonto sind ja kein absoluter Wert, in der Logik der bayerischen Bilanzleser werden Punkte stets in Relation gesetzt. 13 Punkte sind sehr okay, wenn der Nächstbeste auf zehn Punkte kommt. Sie sind aber nicht sehr okay, wenn der BVB bei 16 Punkten steht und sogar Hoffenheim bei 14.

Die Bundesliga sei das "Brot-und- Butter-Geschäft", sagt Klubchef Rummenigge gerne - eine rhetorische Standardsituation, die meist dann zur Anwendung kommt, wenn die Bayern gerade in der Champions League ausgeschieden sind. Dabei war die Brot- und Butterfahrt durch die heimische Bundesliga zuletzt ja keine große Herausforderung für die Bayern, und auch in dieser Saison gilt es erst mal abzuwarten, ob sich der Oranjefußball von BVB-Trainer Bosz unter Ernstfallbedingungen nicht als zu naiv erweist. Dennoch haben es die Dortmunder mit ihrer grandios besetzten Offensive bereits geschafft, den Druck auf eine Bayern-Elf zu erhöhen, die durchaus mit sich selbst beschäftigt wirkt. Und natürlich den Druck auf Trainer Carlo Ancelotti, für den die Saison diesmal nicht erst im April beginnt. Sondern tatsächlich jetzt - und in den nächsten fünf Wochen.

© SZ vom 25.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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