Kommentar:Bekenntnis zur neuen Philosophie

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Die Theorie des Einmal-Assi-immer-Assi ist einfach nur Quatsch: Mit der Entscheidung für Joachim Löw hat der sonst oft so schwerfällige DFB dazugelernt.

Ludger Schulze

Es sollte nicht zur Gewohnheit werden, aber hier muss man den Deutschen Fußball-Bund (DFB) wirklich rühmen: Der oft so schwerfällige Verband hat keine 24 Stunden benötigt, um einen Nachfolger für Jürgen Klinsmann zu finden und zu präsentieren.

2004, als Rudi Völler überraschend seinen Hut genommen hatte, musste erst eine Kommission gegründet werden, die sich allmählich über den Globus tastete, bis sie vor Klinsmanns Haustür stand. Der Verband hat gelernt, was auch mit der Person von Theo Zwanziger zusammenhängt, künftig alleiniger Präsident der deutschen Fußballvereinigung.

Zwanziger hatte, ebenso begeistert vom Auftreten des DFB-Teams wie fast alle 82 Millionen Bundesbürger, die Beibehaltung des hochansehnlichen Spielstils der Nationalelf versprochen, falls Jürgen Klinsmann als Verursacher des kleinen deutschen Fußballwunders zurückträte.

Mit der wie selbstverständlich vollzogenen Verpflichtung von dessen Partner Joachim Löw hat Zwanziger ein Bekenntnis zur neuen Philosophie abgelegt und die Kontinuität gewahrt. Zumindest die Reste des üppigen WM-Menüs werden die Zuschauer auch künftig vorgesetzt bekommen, wenn die Tageskarte die Trocken-Brot-Spiele der EM-Qualifikation anbietet.

Verantwortlich und erfolgreich gearbeitet

Die üblichen Teilnehmer an der Kandidaten-Verlosung, der von Zwanzigers Noch-Kollegen Mayer-Vorfelder immer wieder auf lästige Weise lancierte Christoph Daum, Ottmar Hitzfeld oder Matthias Sammer wären gleichbedeutend mit dem Sieg der fußballerischen Konterrevolution gewesen.

Niemand garantiert den geraden, den richtigen Weg so wie Joachim Löw, der ja selbst ein äußerst wichtiger Teil der Klinsmann-Denkschule war.

Kritiker führen gegen Löw vor allem zwei Argumente an: zu wenig Erfahrung als Chef, zu wenig Autorität bei den Spielern als bisheriger Assistent. Dagegen ist zu halten, dass Klinsmann bei seinem Arbeitsantritt 0,0 Prozent Trainererfahrung besaß, Löw aber bereits in der Bundesliga, der Türkei und in Österreich verantwortlich wie erfolgreich gearbeitet hat.

Klinsmanns fanatische Energie und die Züge rücksichtslosen Egoismus' mögen Löw zwar fehlen, seine charakterliche Integrität, sein gewinnendes Auftreten und seine enorme Fachkompetenz aber werden dazu den Ausgleich schaffen.

Und die Theorie des Einmal-Assi-immer-Assi ist einfach nur Quatsch: Sepp Herberger und Helmut Schön waren ursprünglich auch jeweils zweiter Mann. Später wurden sie Weltmeister.

© SZ vom 13.7.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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