Kombinierer:In der Gewinnerschleife

Lesezeit: 3 min

Platt vor Glück: Eric Frenzel umarmt den Kollegen Fabian Rießle (unten) nach dem Zieleinlauf. (Foto: Lars Baron/Getty Images)

Eric Frenzel und Fabian Rießle erobern den WM-Titel im Teamsprint - Grundlage ist die schon routinierte Krisenarbeit im Februar.

Von Volker Kreisl, Seefeld

Immer mehr erinnert diese Wintersport-Disziplin an den beliebten Film-Plot, in dem jemand ein und dieselbe ernüchternde Situation immer wieder von vorne durchleben muss, bis er endlich lernt, was er falsch macht. Andererseits ist der Vergleich auch schief. Denn grundfalsch haben die Gegner der deutschen Kombinierer in den vergangenen drei Jahren doch gar nichts gemacht.

Zum dritten Mal nacheinander sind nun Norweger und Japaner und auch Österreicher als Mitfavoriten zum Saisonhöhepunkt angetreten, zum dritten Mal hängen sie in der Verliererschleife. Wie 2017 in Lahti und ganz besonders bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang 2018 hatte das Team von Bundestrainer Hermann Weinbuch auch in Seefeld noch unmittelbar vor dem Start Probleme in der ersten Teildisziplin, dem Skispringen. Verglichen zu den Plots in Finnland und Südkorea waren die Probleme sogar noch größer geworden. Das Team von Weinbuch war zuletzt fast vollständig zurückgefallen, es sah schlecht aus auf der Schanze. Doch nun sind zwei von vier Wettkämpfen absolviert, und die entsprechenden Goldmedaillen hängen an Hälsen von Weinbuchs Läufern.

Besonders absurd mag es die Konkurrenz empfinden, dass der plötzlich wieder beste Deutsche, Eric Frenzel, den ganzen Winter über zu den schlechtesten Kombinierern der erweiterten Weltspitze zählte. Frenzel war im Springen zwischendurch sogar abgeschlagen, kam seit Anfang Dezember gar nicht mehr aufs Podest, und obwohl er mit (bis dahin) fünf WM-Titeln zu den besten Kombinierern seiner Zeit zählte, begann Weinbuch vor dem Start in Seefeld zu zweifeln. "Das wird sehr schwer für den Eric", sagte er.

Das Einzelrennen nach dem Springen von der Großschanze gewann Frenzel am Freitag, am Sonntagnachmittag wurde er mit Teamkollege Fabian Rießle zudem Weltmeister im Teamsprint. Sieben solcher Titel hat er nun, einen mehr als sein Teamkollege Johannes Rydzek. Hinter den Deutschen kam der Norweger Jarl Magnus Riiber an, der mit Jan Schmid gelaufen war; Österreichs Weltmeister von 2015, Bernhard Gruber, sicherte zusammen mit Franz-Josef Rehrl Bronze.

Die Gründe für den deutschen Aufschwung zum Saisonschluss sind indes gar nicht so rätselhaft; sie liegen weniger in irgendwelchen Versäumnissen der anderen als in der eigenen, mittlerweile schon routinierten Krisenarbeit im Februar. In erster Linie geht es um die Form beim Springen, jener Disziplin, die der Norweger Riiber seit zwei Jahren auf ein neues Niveau gehoben hat. Riiber hat mit seinen Sprüngen und einer deutlich verbesserten Laufarbeit in diesem Winter zehn Weltcups gewonnen. Und wie im vergangenen Jahr war Weinbuchs Team derart davon beeindruckt, dass es auf der Schanze blockierte. Dagegen halfen die übliche Auszeit und Teamfindung in Oberstdorf und wohl auch der Bergisel. Wie die deutschen Spezialspringer, so fanden sich mit zunehmendem Training auch Frenzel, Rießle und die anderen immer besser auf dem schwierigen Innsbrucker Bakken zurecht. "Bei uns stimmt einfach die Chemie", sagte Trainer Weinbuch, "und die Jungs haben eine gewisse Grundstärke und Selbstvertrauen."

Am Sonntag gelangen Frenzel und Rießle mit 130 und 128 Metern die weitesten Sprünge, während nun seinerseits offenbar Riiber blockierte - seine nur 123 Meter brachten den Norwegern 27 Sekunden Rückstand ein. Der Ablauf in der Loipe erinnerte dann auch wieder an Olympia in Pyeongchang, als Weinbuchs Läufer bei halbwegs guten Sprungleistungen schnell in Führung lagen. Auch jetzt: Frenzel und Rießle hängten bald die knapp hinter ihnen platzierten Japaner, Akito und Yoshito Watabe ab und absolvierten dann die 15 Kilometer im Abstand von knapp einer halben Minute vor der Konkurrenz. Einmal nur wurde es kurz noch spannend, als Rießle zurückfiel. Frenzel gelang es jedoch, den Abstand zu halten, worauf die Verfolger irgendwann aufgaben und sich auf den Kampf um Silber verlegten. "Wir sind etwas müde geworden", sagte Frenzel, "aber letztlich haben wir es kontrolliert."

Am Sonntagabend verabschiedet sich dann diese Weltmeisterschaft aus Innsbruck, ab Montag wird auf einem neuen Bakken, der Normalschanze von Seefeld, gesprungen. Das ist eine Schanze die Riiber, der großartige Springer und Flieger, besser kennt und wohl auch beherrscht.

Möglich, dass er und seine Teamkollegen ihre Stärken hier ausspielen können, gut möglich aber auch, dass Weinbuchs Läufer in ihrem Spätwinter-Flow weiter so gut springen und der Rest der weltbesten Kombinierer die nächste Runde in seiner Geschichte dreht.

© SZ vom 25.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: