Knapper Sieg für Bremen:Ohne Schaden klug

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Eine blitzgescheite Aktion von Fin Bartels entscheidet das Spiel des SV Werder gegen den VfB Stuttgart. Der Aufsteiger aus Schwaben präsentiert sich beachtlich, scheitert aber auswärts wie so oft an sich selbst.

Eine einzige Spielszene machte am Samstagnachmittag im Bremer Weserstadion den Unterschied - und es war nicht die, in der Werder-Torjäger Max Kruse per Flachschuss von der Strafraumgrenze den Siegtreffer erzielte. Was kurz zuvor passiert war, sorgte für Diskussionen bei allen Beteiligten: Der vermeintlich gefoulte Fin Bartels hatte einen Freistoß in der Stuttgarter Hälfte reaktionsschnell ausgeführt und Kruse bedient. "Das ist einfach brutal bitter", wiederholte VfB-Sportvorstand Michael Reschke nach dem 0:1 (0:1) am Samstag bei Werder Bremen immer wieder: "Hier so zu verlieren." Was Reschke nach einem bemerkenswerten Auftritt der Schwaben so sehr erzürnte, war die Szene, die zum entscheidenden Tor in der 45. Minute führte. "Das ist ein Wahnsinn. Der fällt doch über seine eigenen Beine", schimpfte Reschke über Bartels. "Nö", bekannte der Beschimpfte auf die Frage, ob es ein Foul war: "Ich bin einfach aus dem Tritt gekommen."

Bartels' schnelle Reaktion nach dem selbstverursachten Stolperer und dem Pfiff des Schiedsrichters nötigte aber auch Reschke Respekt ab: "Das ist einfach top-professionell. Daraus sollten wir lernen. Denn das hat das Spiel entschieden." Und weil der VfB in eben dieser Szene nicht schnell genug reagierte, bleiben die Schwaben seit über elf Jahren ohne Sieg in Bremen und warten in dieser Bundesliga-Saison generell weiter auf den ersten Auswärtserfolg.

Stuttgart hat auswärts weiter eine Ergebnis-Krise

Bremen bleibt nach dem vierten Saisontreffer des ehemaligen Nationalspielers Kruse zwar Tabellenvorletzer, hat durch den Dreier im Abstiegskampf aber Anschluss an die Konkurrenz hergestellt. Eigentlich hätte das intensive Duell keinen Verlierer verdient gehabt. Die Mannschaft von Coach Hannes Wolf war im ausverkauften Weserstadion über weite Strecken der Begegnung ein absolut gleichwertiger Gegner. Mit 17 Punkten bleibt Stuttgart im Tabellen-Mittelfeld. "Das beunruhigt mich überhaupt nicht", sagte Stuttgarts Kapitän Christian Gentner zur Auswärtsmisere (erst einen Punkt in acht Spielen): "Denn die Leistung stimmt. Da gibt es keine Diskrepanz zwischen den Spielen daheim und auswärts. Nur bei den Punkten gibt es die."

Zwei, die sich verstehen: Max Kruse (links) und Fin Bartels machten beim 1:0 gegen den VfB Stuttgart den Unterschied aus. (Foto: Carmen Jaspersen/dpa)

Werder befindet sich nach dem zweiten Heimsieg in Serie unter dem neuen Trainer Florian Kohfeldt weiter im Aufwind. "Das war kein ganz unverdienter Sieg", sagte Kohfeldt trotz des glücklich zustande gekommenen Erfolgs. Mit sechs Punkten aus vier Spielen unter Kohfeldt holte Werder nun mehr Punkte als in den zehn Spielen zuvor unter Vorgänger Alexander Nouri (fünf). "Es war wirklich wichtig, dass wir uns das erarbeitet haben", sagte Sportchef Frank Baumann nach dem Duell.

Der Video-Assistent trifft eine richtige Millimeter-Entscheidung

Beide Teams spielten aggressiv und waren offensiv ausgerichtet. Die umständlich agierenden Gastgeber taten sich zunächst schwerer. Lediglich in der achten Minute lag ein Bremer Treffer in der Luft, aber Bartels' Kopfball war nicht präzise genug. Die Schwaben spielten mit beeindruckender Ballsicherheit nach vorne. Immer, wenn Takuma Asano in Strafraumnähe mit dem Ball am Fuß auftauchte, wurde es für das Heimteam gefährlich. Der Japaner vergab allerdings in der 29. Minute eine klare Chance zur Führung, als er eine verunglückte Abwehraktion von Werder-Torhüter Jiri Pavlenka nicht verwerten konnte.

Es entwickelte sich ein intensives Match mit Möglichkeiten auf beiden Seiten. Fünf Minuten nach dem Seitenwechsel verpasste Mittelfeldspieler Maximilian Eggestein die Entscheidung, sein Schuss aus der Drehung wurde abgeblockt. Dennoch wäre die Partie kurze Zeit später entschieden gewesen, hätte sich der Videoschiedsrichter nicht eingeschaltet. Einen Treffer von Bartels (53.) hatte Referee Bastian Dankert bereits gegeben. Allerdings stand Bremens Offensivspieler offenbar minimal im Abseits. "Das ist dann unglücklich, aber gerecht", sagte Bartels.

Daheim angekommen: Werder-Trainer Florian Kohheldt scheint angekommen. Zwei Heimspiele, zwei Siege lautet die Bilanz für das Bremer Eigengewächs als Verantwortlicher an der Seitenlinie. (Foto: Carmen Jaspersen/dpa)

Wolf holte anschließend Asano überraschend vom Feld und dirigierte seine Schützlinge mit intensiver Mimik und Gestik nach vorn. Der SV Werder zog sich spürbar zurück und suchte sein Heil in Kontern, die aber lange nicht exakt genug zu Ende gespielt wurden. Bei der beste Chance der Gäste zum 1:1 wurde ein Schuss von Brekalo kurz vor der Linie geklärt (64.). Danach scheiterte Badstuber zweimal knapp. So ging das Spiel verloren, und das brachte den Schiedsrichter wieder ins Spiel. "Wir haben uns bisher bei den Schiedsrichtern zurückgehalten, weil die einen brutal schweren Job haben", sagte Michael Reschke, "aber dass wir heute hier durch eine unglückliche Entscheidung bestraft wurden, das steht außer Frage."

© SZ vom 03.12.2017 / sid, dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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