Klitschko gegen Brewster:Meine Revanche, deine Revanche

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"Ich habe drei Jahre auf diesen Kampf gewartet!", sagt Wladimir Klitschko vor dem Kampf gegen Lamon Brewster. Der Eklat von damals ist nicht nicht vergessen.

Ulrich Hartmann

Sein erstes Opfer hat Wladimir Klitschko bereits im Laufe der Woche k.o. geschlagen. Der 31-jährige Ukrainer war zu Gast in einer Kölner Zeitungsredaktion und ließ sich von Kindern interviewen (,,Musstest du schon mal während eines Kampfes aufs Klo?''). Hinterher hat er fürs Gruppenfoto einen Jungen auf die Schultern hieven wollen, doch im Zenit der Schwungkurve tat es einen Rumms, und der Kleine rieb sich jammernd den Kopf.

Wladimir Klitschko: heiß auf die Revanche. (Foto: Foto: dpa)

Der baumlange Boxer hat sich gleich entschuldigt, aber er würde jubeln, wenn er den US-Amerikaner Lamon Brewster, 34, am Samstagabend mit ähnlicher Migräne im Ring wimmern sähe. Klitschko nimmt es in der Kölnarena zwecks Titelverteidigung und Traumatherapie ein zweites Mal mit jenem finstren Mann auf, der ihm am 10. April 2004 eine große Vision zerstört hat. Der jüngere Klitschko-Bruder hat damals in Las Vegas Prügel bezogen und den Weltmeistertitel des Verbandes WBO versäumt.

44 Tage später wurde sein vier Jahre älterer Bruder Witali in Los Angeles Weltmeister des Verbandes WBC. Der Traum, als erstes Brüderpaar zeitgleich Weltmeister zu sein, war ausgeträumt. Der Rückkampf gegen Brewster ist für Wladimir deshalb nicht nur eine Revanche, sondern auch ein neuer Anlauf auf die alte Vision. Wenn er gewinnt, behält er seinen Weltmeistertitel der IBF, und wenn Witali am 22. September sein Comeback nach dreijähriger Pause feiert, dann kann dieser Brüdertraum doch noch Wirklichkeit werden.

Manipulierte Getränke?

Sie waren beide schon jahrelang Weltmeister, nur nie zusammen. Witali war von Juni 1999 bis April 2000 WBO-Titelträger. Diesen Titel übernahm Wladimir von Oktober 2000 bis März 2003. Im Mai 2004 gewann Witali den WBC-Titel, bevor er sich am Knie verletzte und seinen Titel im November 2005 ohne Kampf wieder verlor. Seit April 2006 ist Wladimir nun Weltmeister der IBF. Es gibt vier große Weltverbände und stets mehrere Weltmeister. Die Klitschkos haben sich als Titelträger immer schön abgewechselt, was unter Publicity-Aspekten zwar klug war, ihren Ansprüchen aber nicht genügte. Weil Witalis lädiertes Knie jetzt wieder stabil ist, will er am 22. September in der Münchner Olympiahalle sein Comeback geben. Gegner ist wohl der US-Amerikaner Jameel McCline.

Zuvor muss der kleine Bruder seine Hausaufgaben erledigen. Noch immer gerät Wladimir Klitschko ins Lamentieren, wenn er über den 10. April 2004 spricht, als er im Mandalay-Bay-Hotel von Las Vegas zum Ende der fünften Runde gedemütigt auf dem Ringboden kauerte und nach dem Kampf Gerüchte befeuerte, seine überhöhten Blutzuckerwerte könnten durch eine Manipulation der Getränke hervorgerufen worden sein. Diese Vorwürfe wertete Brewster als Affront und bezeichnet die Revanche deshalb als Chance, die Korrektheit seines Triumphs zu belegen. ,,Ich sage, es ist MEINE Revanche'', grantelte er in Köln, ,,durch Wladimirs Vorwürfe habe ich nie die verdiente Anerkennung bekommen.''

Brewster gebärdete sich die ganze Woche provokativ lethargisch, doch davon will sich Klitschko nicht täuschen lassen. Sechs Wochen hat er sich beim Stanglwirt in Tirol vorbereitet, in einer Tennishalle haben sie ihm einen Ring aufgebaut, und während er seine Übungspartner verschliss, hat er sich auf großen Monitoren Brewsters Kämpfe vorspielen lassen. ,,Ich habe drei Jahre auf diesen Kampf gewartet'', sagt Klitschko.

In diesen drei Jahren hat er sechs Kämpfe absolviert und gewonnen. Brewster hat nur vier Mal geboxt und im April 2006 gegen den Weißrussen Sergej Liakowitsch seinen Titel verloren. Seither hat er keinen Kampf mehr bestritten. Vielleicht glaubt Emanuel Steward deshalb an einen ,,K.o.-Sieg für Wladimir in der siebten Runde''. Für Klitschkos Trainer ist es ein besonderes Duell. ,,Dies ist der Kampf, den Wladimir keinesfalls verlieren darf'', sagt er. ,,Sonst waren all seine Erfolge umsonst.''

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