Karlsruher SC:Familienfest im Wildpark

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Trainer Eduard Becker ist der Baumeister eines aufstrebenden Zweitligisten.

Tobias Schächter

"Komm' gut nach Hause", wünschte Edmund Becker seinem Gast am Ende eines Interviewmarathons im Presseraum des Karlsruher Wildparkstadions, und Wolfgang Wolf antwortete: "Danke, Alter. Ich hoffe, wir sehen uns nächstes Jahr an gleicher Stelle wieder - nur eine Etage höher." So kumpelhaft wie später zwischen den Trainern des Karlsruher SC und des 1.FCKaiserslautern ging es am Montagabend auf dem Rasen nicht zu.

Nach jahrelanger Durststrecke gibt es in Karlsruhe wieder was zu feiern (Foto: Foto: dpa)

Zum ersten Mal seit neun Jahren bestritten die Rivalen aus Südwest wieder ein Punktspiel, und der ausverkaufte Wildpark (32306 Plätze) war viel zu klein für die Nachfrage. Rund 7000 Pfälzer waren über den Rhein gekommen. Sie sahen zwar ihre Mannschaft 0:2 (0:1) verlieren, aber die gute Leistung in einem rasanten Zweitligaspiel gab nicht nur Trainer Wolf das Gefühl, dass der neu formierte Kader ,,das Potenzial hat, oben mitzuspielen''. Noch sind sie auf der Suche in Kaiserslautern, noch fehlt ein torgefährlicher Stürmer.

Sein halbes Leben beim KSC

Vom Aufstieg träumen sie auch in Karlsruhe, nachdem die junge Mannschaft in der vergangenen Spielzeit lange um die ersten drei Ränge mitgespielt hatte und am Ende Sechster wurde. "Wir wollen diese gute Saison bestätigen", sagt Becker. Seit der ehemalige Amateurtrainer, in Karlsruhe nur als "Ede" bekannt, vor anderthalb Jahren antrat (nachdem zuvor der Vorstandsvorsitzende des Hauptsponsors EnBW, Utz Claassen, den neu verpflichteten Trainer Reinhold Fanz wegen persönlicher Animositäten sofort aus dem Amt gedrängt hatte), geht es aufwärts beim KSC.

Sein halbes Leben verbringt Becker, 50, nun schon in wechselnden Funktionen im Verein, er galt als scheu, musste fast ins Amt gezwungen werden, aber inzwischen hat er Gefallen gefunden in der Rolle des ersten KSC-Mannes in der Öffentlichkeit. Der Mann aus Reichenbach, dessen badischer Zungenschlag nicht zu überhören ist, erweist sich mehr und mehr als geschickter Baumeister einer interessanten Mannschaft. Becker hat bewiesen, dass er aus wenig viel erschaffen kann.

Früher war das beim KSC umgekehrt. Und noch immer leidet der deutsche Meister von 1909 an der nach ein paar Erfolgen im Uefa-Cup aufgekommenen Großmannssucht der neunziger Jahre, die auch den finanziellen Absturz zur Folge hatte. Nun soll Becker nur noch die auch für Zweitliga-Verhältnisse bescheidene Summe von 5,1Millionen Euro für seinen Kader zur Verfügung stehen. Doch die Not machte findungsreich: zehn Spieler mit badischen Wurzeln sitzen inzwischen in der Umkleidekabine.

Spätestens 2008 wieder erstklassig

Becker hat eine Mannschaft gebaut, mit der sich die Fans identifizieren, 25000 Besucher kamen jüngst zum Familientag in den Wildpark, und das 4:0 zum Zweitliga-Auftakt bei Wacker Burghausen und der Derby-Sieg gegen den FCK lassen die Begeisterung wachsen.

Nur ein Stammspieler, Danny Schwarz, hat den Klub verlassen, er wechselte zum TSV 1860 München. In Innenverteidiger Maik Franz, 25, vom VfLWolfsburg und Mittelfeldmannn Massimilian Porcello, 26, von Arminia Bielefeld wurden gezielt zwei Erstliga-erfahrene Kräfte hinzugeholt. Noch sind die Möglichkeiten dieser Mannschaft nicht klar zu erkennen, Talente wie Stürmer Sebastian Freis, 21, stehen erst am Anfang ihrer Laufbahn. "Mit uns ist zu rechnen", sagt der zweimalige Torschütze vom Montag, Giovanni Federico, der bereits in der vergangenen Saison die wichtigen Treffer erzielte. Offenbar beeindruckt durch die Kulisse, unterliefen der Mannschaft gegen Kaiserslautern anfangs zwar etliche Abspielfehler, aber am Ende stand die Erkenntnis, auch ein schlechteres Spiel gegen einen starken Gegner gewinnen zu können.

Es wäre also alles prächtig in Karlsruhe, hätte da nicht jüngst eine Posse um den angestrebten Stadionumbau für Unruhe gesorgt. Weder Stadt noch Klub haben Geld für das 55 Millionen Euro teure Projekt, und so sorgte jüngst das Fernbleiben der KSC-Verantwortlichen auf einer Gemeinderatssitzung, in der die "Wildparkstadion Karlsruhe Besitz GmbH" gegründet wurde, für Dissonanzen. Es folgten gegenseitige Beschimpfungen. Der Wirbel hat sich, zumindest nach außen, wieder gelegt. Geklärt aber ist nichts. Auch am Montag mochte KSC-Präsident Hubert H. Raase zur Finanzierungsfrage nichts Neues sagen. Der Unternehmer meinte nur: "Das Stadion kommt. Im Sommer 2007 beginnt der Umbau, und im Sommer 2008 ist das Ding fertig." Spätestens dann, so die Vision im Verein, wollen sie beim KSC wieder erstklassig sein.

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