Karl Auer bleibt 1860-Präsident:Ein großes Bedürfnis nach Ruhe

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Im vergangenen Frühjahr übernahm Karl Auer spontan das Amt des Präsidenten von 1860 München. Bereut habe er es nicht. Ebenso wenig wie die Mitglieder des Vereins: Die bestätigen ihn mit überzeugender Mehrheit.

Von Christian Zaschke

Karl Auer bleibt Präsident des TSV 1860 München. Am gestrigen Dienstagabend bestätigte die Delegiertenversammlung des Vereins Auer mit großer Mehrheit im Amt. 205 Delegierte waren ins Vip-Zelt an der Grünwalder Straße gekommen, 176 sprachen sich für den Präsidenten aus. Als Versammlungsleiter Rainer Volkmann um 21.20 Uhr die Delegierten fragte, ob sie Auer im Amt bestätigten wollten, errichteten sie als Antwort einen Wald aus blauen Stimmkarten.

Ruhig ging das vonstatten, es gab keinen Jubel, keine Emotion. Auer saß ruhig auf dem Podium, er ließ sich nichts anmerken. 13 Delegierte hatten gegen einen Verbleib Auers im Amt votiert, 16 Delegierte hatten sich der Stimme enthalten. Knapp 86 Prozent der Delegierten hatten also für Karl Auer gestimmt. Das waren nicht die 100 Prozent, von denen ein Redner während der Versammlung geträumt hatte, doch es war immer noch ein hervorragendes Ergebnis.

Dass die Delegierten dem Präsidenten gewogen sein würden, zeichnete sich früh ab, lange vor der entscheidenden Abstimmung (TOP 9 auf der Tagesordnung). Seinen Bericht (TOP 6) leitete Auer mit der Feststellung ein, dass er sich am 15. März 2004 spontan bereit erklärt habe, das Amt des Präsidenten zu übernehmen. Dann sagte er: "Ich habe das nie bereut und bin bereit, auch künftig das Amt des Präsidenten auszuüben."

Konfrontation mit lieben Worten

Es gab Beifall bei diesen Worten, niemand pfiff. Das war besser, als Auer nach der Aufregung vor der Versammlung hatte erwarten können. Sein gelungener Auftritt in der Sendung Blickpunkt Sport des Bayrischen Fernsehens am Montagabend mag ihm einige Pluspunkte gebracht haben.

Dort war der Präsident gemeinsam mit dem ehemaligen Löwen-Torwart Petar Radenkovic aufgetreten, welcher den Verein zuletzt scharf kritisiert hatte. Als Konfrontation war die Sendung angekündigt worden, doch tatsächlich gestaltete sich der Abend harmonisch wie ein Besuch im Streichelzoo. Liebe Worte fand man füreinander, Auer wirkte souverän, und natürlich, sagte er, freue er sich, wenn Radenkovic dann und wann einen Rat gäbe.

Es gab auch Kritik an dieser Sendung. Ein Delegierter befand, der Fernsehauftritt sei inszeniert gewesen. Diese Kritik stieß jedoch nicht auf großes Echo. Überhaupt war die Versammlung ruhig bis an den Rand des Phlegmas. In der Vergangenheit hat es bei derartigen Versammlungen bisweilen ordentlich gekracht, man beschimpfte einander, pfiff und brüllte.

Am Dienstagabend gab es moderate Kritik, hier und da auch eine unangenehme Frage. Etwa, warum man vom Abstieg überrascht worden sei. Dass der Weg nach unten führe, sei allemal absehbar gewesen, zudem plane man in solchen Situationen zweigleisig. Diese an sich brisante Anmerkung verpuffte wie eine Streichholzflamme. Mit der Antwort, dass man ja bis zum Schluss gehofft habe, war der Einwand erledigt.

In dieser Weise ging es weiter, die Stimmung war so, dass niemand Ärger wollte.

Es gab die Frage, wie es sein könne, dass der Trainer sich nach seiner Verpflichtung zunächst einmal zwei Wochen lang in den Urlaub nach Mallorca verabschiedete, um von dort mit dem Handy Spieler zu verpflichten. Auer erläuterte, das sei kein Problem gewesen, man habe in dauerndem Kontakt zum Trainer gestanden.

Dieser habe sich um neue Spieler gekümmert, die in München verbliebene Crew habe sich um die Auflösung der alten Verträge aus der Ersten Liga gekümmert. Damit war auch diese Frage beantwortet, und so steuerte der Abend gemächlich auf den mit Spannung erwarteten Punkt zu: Bestätigung des Präsidenten.

Neue Ruhe

Dass auch dieser sich so wenig spannend gestaltete, liegt wohl zum einen daran, dass die Delegierten von Auer überzeugt sind. Er ist seit 1960 Vereinsmitglied und genießt wegen dieses so genannten "Stallgeruchs" große Sympathie im Verein. Zudem herrscht beim TSV 1860 nach den vergangenen turbulenten acht Monaten ein großes Bedürfnis nach Ruhe. Stadionskandal, Rücktritt der Wildmosers und der Abstieg aus der Ersten Liga haben den Klub schwer erschüttert. Der introvertierte Auer steht beispielhaft für die neue Ruhe, die nun beim TSV einkehren soll.

Er versprach den Delegierten in einer kurzen Dankesrede, alles für den Verein tun zu wollen. Kurzfristig wollen sie sehr wenig: Möglichst viele Punkte aus den anstehenden Auswärtsspielen, was Auer trotz seiner großen Mehrheit kaum beeinflussen kann.

© Süddeutsche Zeitung vom 24.11.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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