Kanu-WM:"Die Ringe sind nicht für dich!"

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Marcus Groß gewinnt mit Max Rendschmidt Gold im Kajak-Zweier und stellt mit der Medaille um den Hals seiner Freundin eine wichtige Frage. Sebastian Brendel holt ebenfalls Gold, ein anderer Deutscher enttäuscht.

Marcus Groß wartet schon länger auf den geeigneten Moment und gerade jetzt, direkt an der Regattastrecke bei der Kanu-Weltmeisterschaft, denkt er, ist es gut. Denn es ist unerwartet, niemand wird damit rechnen und neben der Goldmedaille, die jetzt um seinen Hals hängt, könnte er gleich noch einen Erfolg oder einen Sieg oder wie immer man es nennen mag, einfahren. Der WM-Titel reicht ihm nicht. Also geht er auf die Knie, fragt, und seine Freundin Kathi sagt "Ja".

Max Rendschmidt (l.) und Marcus Groß bejubeln bei der Kanu-Weltmeisterschaft in Segrate, Italien ihren Sieg im Kajak-Zweier über 1000 Meter. (Foto: Ute Freise/dpa)

Kathi Zengler, früher ebenfalls Kanusportlerin, posierte mit dem Silberring. Und nun hatten beide etwas zum Hochhalten. "Ich habe die Ringe schon länger in der Tasche dabei. Dass ich sie jetzt rausgeholt habe, war aber mehr eine spontane Aktion", sagte der Berliner, dessen künftige Ehefrau im Februar ein Kind erwartet, zu seinem Heiratsantrag. Kathi hatte vorher beim Rennen mitgefiebert und ordentlich Nerven gelassen. "Ich habe mir gedacht: In so einem Moment erwartet sie den Antrag am wenigsten, jetzt ist der beste Moment", sagte Groß, der seit 2007 mit seiner Freundin zusammen ist. Teamkollege Max Rendschmidt, mit dem Groß seit 2013 auf der olympischen K2-Strecke ein Erfolgsduo bildet, hatte unmittelbar vor der Medaillenzeremonie sein Okay gegeben. "Ich habe ihn vor der Siegerehrung gefragt, was er davon hält. Und ihm gesagt, dass die Ringe natürlich nicht für ihn sind", verriet Groß grinsend.

Sebastian Brendel gewinnt Gold im Einzelsprint über 1000 Meter. (Foto: Harry How/Getty Images)

Sportlich lief es für die deutschen Kanuten so: Mit dreimal Gold und zwei Enttäuschungen sind die deutschen Kanuten in die WM-Finals von Italien gestartet. Innerhalb der wichtigen olympischen Disziplinen sicherten Sebastian Brendel im Canadier-Einer und eben Max Rendschmidt und Marcus Groß im Kajak-Zweier den erfolgsverwöhnten Paddlern am Samstag vor den Toren Mailands jeweils über 1000 Meter die ersten beiden Titel.

Der vierte Platz von Gold-Anwärter Max Hoff im Kajak-Einer über dieselbe Distanz stimmte aber nicht nur Bundestrainer Reiner Kießler nachdenklich. "Das hat mich auch persönlich runtergezogen", befand der Coach. Neben Hoff blieben auch die Sprint-Spezialisten Ronald Rauhe und Tom Liebscher im Kajak-Zweier über 200 Meter als Sechste ohne Medaille. "Ich bin sauer", kommentierte Routinier Rauhe. Hoff, der in dieser Saison auf der Mittelstrecke alle wichtigen Rennen gewonnen hatte, war ebenso bedient: "Die Enttäuschung ist groß. Ich brauche nicht nach Ausreden zu suchen, ich bin einfach sprachlos."

Verbandschef Thomas Konietzko machte mentale Gründe für das schwache Rennen seines Leistungsträgers in Segrate aus: "Der stärkste Muskel ist der Kopf." Im olympischen Bereich holten die Olympiasiegerinnen Franziska Weber und Tina Dietze mit Bronze im Kajak-Zweier über 500 Meter eine dritte Plakette für den Deutschen Kanu-Verband - die angepeilte Ausbeute von sechs Medaillen in diesen zwölf Wettbewerben ist aber trotz mehrerer ausstehender Rennen am Sonntag kaum zu schaffen. Der WM-Titel der Nachwuchs-Asse Sabrina Hering und Steffi Kriegerstein im Kajak-Zweier über 1000 Meter half da wenig, da es sich um eine nicht-olympische Disziplin handelte. Dennoch machten die beiden Youngster erneut auf sich aufmerksam, zuletzt hatten sie bei den U23-Weltmeisterschaften in Portugal bereits Gold im K2 über 500 Meter gewonnen.

© SZ vom 23.08.2015 / sz, dpa, sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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