Kampf um Platz drei:Ullrich macht 37 Sekunden gut

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Der Deutsche freute sich am Ende der 18. Etappe trotz seiner brodelnden Pumpe: Endlich war es dem T-Mobile-Kapitän gelungen, dem dänischen Aufsteiger Mickael Rasmussen Zeit zu stehlen.

Von Andreas Burkert

Jan Ullrich war anzusehen, dass er einen angenehmen Arbeitstag hinter sich gebracht hatte, allzu oft ist ihm das bei dieser Tour ja noch nicht geglückt. Ullrich freute sich in Mende trotz seiner brodelnden Pumpe, denn immer wieder hatte er in der zweiten Hälfte der Rundfahrt vergeblich versucht, dem dänischen Aufsteiger Mickael Rasmussen Zeit zu stehlen.

Ullrich möchte in Paris wenigstens die unterste Podiumsstufe besteigen, aber bisher ließ sich der Rabobank-Profi einfach nicht abschütteln. Gestern indes fehlte er am Ende der 17.Etappe in der Gruppe der Spitzenkräfte: 37 Sekunden büßte er auf Ullrich ein, der erstmals am Hinterrad von Lance Armstrong und dessen erstem Verfolger Ivan Basso eine schwere Bergfahrt abgeschlossen hatte. "Das war eine sehr steile Ankunft, ich habe so gekämpft, dass ich Rasmussen ein bisschen Zeit gebe", sagte Ullrich erfreut. Im Klassement verkürzte er damit seinen Rückstand auf den drittplatzierten Skandinavier auf nunmehr 132 Sekunden.

Im Herzen des Zentralmassivs begann das Wettrennen der Podiumskandidaten, als Marcos Serrano bereits den ersten Tagessieg für seinen Arbeitgeber Liberty Seguros feierte. Der Spanier hatte sich im Finale abgesetzt aus einer zehnköpfigen Fluchtgruppe, die seit Kilometer 50 unterwegs war zum Regionalflughafen in der Auvergne-Gemeinde. Auch Ullrichs Trainingspartner Matthias Kessler hatte sich in der Leidensgemeinschaft mit dem späteren Gewinner eingefunden, nach einem zähen Ringen, wie Ullrich berichtete: "Wir mussten lange kämpfen, bis Matze endlich vorne drin war und keiner von Lance dabei war."

Der 26-jährige Nürnberger zeigte sich damit erstaunlich gut erholt von seiner leichten Gehirnerschütterung und der Wirbelsäulenstauchung, die er am Dienstag erlitten hatte. Kessler belegte in Mende Rang acht und eroberte dank der großen Abstands auf das Feld für sein T-Mobile-Team die Spitze im Teamklassement (11:26 Vorsprung) zurück. "Ich hatte Probleme mit dem Kreuz, und mir war klar, dass ich alles für die Mannschaftswertung geben muss, deshalb war mir der Etappensieg egal", sagte Kessler im Ziel.

Der Mann mit der Rückennummer 13 hatte dafür gesorgt, dass seine Gruppe mehr als zwölf Minuten Vorsprung herausfuhr, als es nach 120 Kilometern erstmals steil bergauf ging. Längst befanden sie sich über dem Côte de Boyne, einem Hügel der zweiten Kategorie, als sich hinten Armstrongs Garde allmählich um eine temporeiche Anfahrt in die Steigung bemühte.

Doch dieses Tempo reichte nicht aus, um die Distanz zur Spitze zu verringern, im Gegenteil: Auf 15 Minuten wuchs der Rückstand an, womit sich T-Mobile bereits früh sicher sein durfte, wieder das statistisch beste Kollektiv zu stellen. Der Gewinn des Teambewerbs wird den Frust über den unbefriedigenden Tourverlauf zwar nur mäßig lindern, doch 35 000 Euro Prämie für die Teamkasse und ein Gruppenfoto auf den Champs-Élysées sind ein hübscher Trost.

"Heute ging es viel besser als gestern"

Daran dachte Ullrich jedoch mit Sicherheit wohl nicht, als Armstrong und Basso auf der steilen Zufahrtsstraße zum Aérodrome die Reisegeschwindigkeit erhöhten. Einige Sekunden hatte der Rostocker Probleme, mit den beiden besten Bergfahrern mitzuhalten, "da hat Jan seinen Rhythmus gehalten", erklärte Teamchef Kummer.

Auch im Mittelstück der steilsten Toursteigung überhaupt (im Schnitt zehn Prozent auf drei km) klaffte eine Lücke von 15 Metern zum vorderen Trio, das der Australier Evans ergänzte. Doch Ullrich schaffte mit letztem Einsatz den Anschluss und flog an Bassos Hinterrad über die Landebahn heran. Ullrich sagte: "Heute ging es viel besser als gestern."

Ob er Rasmussen nun spätestens im Zeitfahren am Samstag die gut zwei Minuten noch abknöpfen kann? "Wir sind in der dritten Woche, jetzt zählen nicht nur die Fähigkeiten, sondern auch die verbliebene Kraft", sagte Mario Kummer, deshalb sei Rasmussens leichter Einbruch am Donnerstag ein positives Zeichen. "Jede Sekunde zählt", ergänzte Kummer noch vor der Abfahrt, doch dieser Titel ist bereits reserviert. Für Lance Armstrongs Biografie.

© SZ vom 22.07.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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