Internationaler Fußball:Die Elf der treuen Seelen

Raul wechselt - das klingt wie ein Widerspruch in sich selbst. Die Zahl der vereinstreuen Spieler wird geringer und gernger, sueddeutsche.de hat aber noch genügend für eine hochkarätige Elf gefunden.

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(Foto: ag.ap)

Nach 16 Jahren verlässt Raul Real Madrid. Es gibt heutzutage nicht mehr viele internationale Spieler, die so lange für einen Verein aktiv sind. sueddeutsche.de hat die "Elf der treuen Seelen" zusammengestellt. Die zwei Bedingungen für die Aufnahme: Erstens darf der Spieler nie für einen anderen Klub gespielt haben, auch nicht auf Leihbasis, und zweitens muss er mindestens elf Jahre in diesem Klub gewesen sein. Iker Casillas Er hat immer nur das eine Tor gehütet: Seit mehr als 20 Jahren ist Iker Casillas die letzte Bastion der königlichen Verteidigungslinie. Ein Jahrzehnt lang hielt er die Bälle für Real Madrids Jugendmannschaft, seit 1999 steht er im Erstliga-Tor des Vereins. Drei Meistertitel hat der amtierende Weltmeister mit seinem Klub gewonnen und zweimal den Champions-League-Pokal geholt. Aus seinem Tor bei Real ist er nicht wegzukriegen - auch nicht für 150 Millionen Euro. Diese Summe soll vor zwei Jahren der englische Erstligist Manchester City für Casillas geboten haben.

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Gary Neville Mehr als die Hälfte seines Lebens verschrieb er seinem Verein: Seit 19 Jahren spielt Gary Neville (rechts) bei Manchester United. In seiner Jugend entschied sich Neville zwischen Cricket und Fußball für letzteres - wie sein jüngerer Bruder Phil. Gemeinsam mit ihm gehörte Gary Neville Anfang der 1990er Jahre der jungen ManU-Garde des Trainers Alex Ferguson an - genannt "Fergie's Fledglings" ("Fergies Küken"). Der Schotte Ferguson blieb - länger als alle anderen Trainer seit Matt Busby - und mit ihm blieb Neville. Vor vier Jahren bestritt er das 500. Spiel für seinen Verein - und dachte dabei noch lange nicht ans aufhören: Er wolle bis zum Alter von 38 Jahren weiterspielen, kündigte Neville an - natürlich für ManU.

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Carles Puyol Carles - genannt "der Hai" - Puyol steht für Fleiß und Disziplin. Mit eisernem Willen schaffte er es zunächst auch ohne überragendes Talent an die Barca-Kaderschmiede La Masia und anschließend, sich über 15 Jahre beim FC Barcelona zu halten. Der einstige Torwart, der sich auch schon als Stürmer und Außenverteidiger versuchte und schließlich als feste Größe in Barcelonas Innenverteidigung etablierte, hat inzwischen 331 Spiele für die Profi-Auswahl seines Vereins absolviert. Gedanken über einen möglichen Wechsel muss sich der hartnäckige Lockenkopf auch mit 32 Jahren nicht machen: Im letzten Jahr wurde sein Vertrag bereits vorzeitig bis 2013 verlängert.

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Jamie Carragher James Lee Duncan "Jamie" Carragher ist der dienstälteste Spieler im aktuellen Profi-Kader des FC Liverpool. Seit er die Fußball-Akademie in Lilleshall besuchte, spielt der Verteidiger für die Reds - seit 13 Jahren. 2004 wechselte Carragher in die Innenverteidigung und bildete zusammen mit dem Finnen Sami Hyypiä eines der stärksten Defensiv-Duos Europas. Der 34-Jährige ist zudem Steven Gerrards Vertreter als Mannschaftskapitän. Aber Carraghers 435 Pflichtspielen zum Trotz hätten viele an dieser Stelle der Treuen-Elf eigentlich einen anderen Engländer erwartet: Chelseas Verteidiger John Terry. Der spielte 2000 allerdings für zwei Monate bei Nottingham Forest. Gebracht hat ihm das wenig - außer einem verpassten Platz in dieser Elf. 

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Paolo Maldini Paolo Maldini ist seit Sommer 2009 zwar nicht mehr aktiv, kommt aber trotzdem in die Elf, weil er das Symbol für Vereinstreue schlechthin ist. Er bringt es auf mehr als drei Jahrzehnte bei einem Verein. Im Alter von zehn Jahren stieß der Sohn des Fußballers Cesare Maldini zum AC Mailand - und blieb. Seit 1984 gehörte der Abwehrspieler zum Stammkader des Serie-A-Klubs. Ein Vierteljahrhundert später war Maldini siebenmaliger Meister, dreifacher Champions-League-Gewinner und der Spieler mit den meisten Einsätzen in der italienischen Liga. Der Abschied fiel ihm schwer, eigentlich hatte er schon 2007 sein Karriereende angekündigt, blieb dann aber doch. 2009 bestritt Maldini mit seinem Abschiedsspiel gegen den AC Florenz die 902. Partie für seinen Verein und beendete seine Profi-Karriere. Den Platz in der Elf der Loyalen hat er sich redlich verdient - und wer weiß, vielleicht kann er ihn sogar einmal weiterreichen: Sein Sohn Christian absolvierte schon mit neun Jahren sein erstes Spiel für die Jugendmannschaft des AC Mailand.

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(Foto: ag.ap)

Paul Scholes Paul Scholes' Premier-League-Debüt für Manchester United verlief so, dass der Debütant danach nicht wusste, ob er sich freuen oder ärgern sollte. Als ManUnited am 24. September 1994 auf Ipswich Town traf, erzielte Scholes zwei Tore - doch seine Mannschaft verlor 2:3. Wie auch Gary Neville oder Ryan Giggs war Scholes fortan Teil jener goldenen Manchester-Generation, die seit 1994 insgesamt zehn Meisterschaften und zwei Champions-League-Triumphe erspielte und bis heute für den Klub aktiv ist. Er gilt als Spieler mit hervorragendem Auge und Passspiel, Klublegende Bobby Charlton bezeichnete den wenig redseligen Mittelfeldspieler einmal als seinen Lieblingsakteur aus dem aktuellen Kader. In der Nationalmannschaft lief es hingegen nicht so erfolgreich für Scholes, 2004 erklärte er seinen Rücktritt - aus familiären Gründen.

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(Foto: ag.afp)

Xavi Xavi ist bekanntlich ja mindestens Herz, Hirn und Motor des FC Barcelona, wenn nicht sogar noch ein bisschen mehr. Besonders stolz sind die Katalanen, weil sie dem heute 30-Jährigen das Herz-, Hirn- und Motorsein in den vergangenen 19 Jahren selbst beigebracht haben. Mit elf kam Xavi in die berühmte Jugendschule des FC Barcelona, mit 17 debütierte er in der ersten Mannschaft, spätestens mit Anfang 20 übernahm er auf dem Platz eine prägende Rolle, und seit drei, vier Jahren gilt er zumindest für alle Fußball-Beobachter, die nicht nur auf Tore schauen, als bester Spieler der Welt. Zumal er mittlerweile ja auch Herz, Hirn und Motor der erfolgreichen spanischen Nationalmannschaft ist.

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Steven Gerrard Wenn es nicht um eine Elf der Vereinstreuen ginge, sondern um den vereinstreuen Spieler schlechthin - Steven Gerrard hätte gute Aussichten auf einen Spitzenplatz. Seit er neun ist, spielt er für den FC Liverpool. 21 Jahre beim selben Verein, das wäre Weltrekord, wenn es Paolo Maldini nicht gäbe, und es ist davon auszugehen, dass die Zahl noch steigt. Erstens hat Gerrard einen bis 2013 laufenden Vertrag und zweitens ist der Mittelfeldspieler gerade mal 30 Jahre alt, kann also noch ein paar Spielzeiten im Dress der Reds dranhägen. Sein bislang größter Erfolg war der Gewinn der Champions League 2005, als der vereinstreue Gerrard Liverpool zum Finalsieg gegen das mit Vereinstreuen (Maldini, Pirlo, Gattuso) gespickte Mailand führte.

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Francesco Totti Totti kann von Glück reden, dass in dieser Elf der treuen Seelen nur die Senioren- und nicht die Juniorenjahre zählen. Er würde ansonsten hochkant rausfliegen. Für Fortitudo, Smit Trastevere und Lodigiani hatte er gespielt, ehe er 1993 zu AS Rom wechselte - wo er bis heute blieb. Der Legende nach hatte Erzrivale Lazio bei Tottis Eltern wegen eines Wechsels nachgefragt, als der 13 war, doch weil Papa und Mama Totti eingefleischte Roma-Anhänger waren, jagten sie die Lazio-Delegation aus dem Haus. Sein Debüt in der Serie A feierte Totti noch 1993 als 16-Jähriger, danach stieg er auf zu "Il Capitano", wie sie ihn in Rom ehrfürchtig nennen, dem Kopf und Aushängeschild der Mannschaft und führte seinen Klub zu einer Meisterschaft, zwei Pokalsiegen und sechs zweiten Plätzen.

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(Foto: ap)

Ryan Giggs Das größte Pech im Leben von Ryan Giggs ist sein Geburtsort. In Cardiff wurde der heute 36-jährige Offensivspieler geboren, und weil er seinem Großvater versprochen hatte, wurde er zum Mitglied der walisischen Nationalmannschaft - und damit zu einem der besten Spieler aller Zeiten, die niemals eine echte Chance auf eine WM-Teilnahme hatten. Doch alles, was Giggs mit dem Nationalteam verpasste, holte er mit dem Verein nach. Seit 1990 spielt er für Manchester United, elf Mal gewann er seitdem die englische Meisterschaft, vier Mal den FA-Cup und drei Mal einen Europapokalwettbewerb, darunter 1999 und 2008 die Champions League. Mehr als 800 Pflichtspiele bestritt er in dieser Zeit für ManUnited, und es ist nicht absehbar, wann die Zahl endet. Während der abgelaufenen Saison verlängerte seinen Vertrag noch um ein weiteres Jahr bis 2011 - und angebliche Angebote aus den USA schüttelt er so lässig ab wie bei seinen Dribblings auf dem Platz seine Gegenspieler.

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(Foto: afp)

Raul Ja, er bekommt noch einen Ehrenplatz in dieser Galerie der ausgewählten treuen Seelen. Streng genommen fällt er raus aus der Elf, denn am Montag verkündete er ja den Abschied aus Madrid - nach mehr als 16 Jahren für denselben Verein. Doch weil er so herzzerreißend weinte, als er seinen Wechsel bekanntgab und weil der potentielle Ersatzkandidat Alessandro del Piero vor seinen vielen Juventus-Jahren mal zwei Spielzeiten für Calcio Padova absolvierte und so aus der Wertung fällt, darf sich Raul noch einmal neben all den Xavis, Gerrards und Maldinis sehen lassen.

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