Indianapolis:"Er hat schon wieder ein bisschen gescherzt"

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Lange Zeit nach seinem Horrorcrash war der gesundheitliche Zustand von Ralf Schumacher ungewiss. Nach einem Krankenbesuch bei seinem Bruder gibt Michael Entwarnung.

Als ihm am Sonntagabend Bruder Michael und dessen Frau Corinna im Krankenhaus einen Besuch abstatteten, hatte Ralf Schumacher seinen schweren Unfall beim Großen Preis der USA in Indianapolis fast schon abgehakt. "Er hat einen guten Eindruck gemacht, besser als erwartet, und hat sogar schon wieder ein bisschen gescherzt", berichtete Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher nach seinem rund einstündigen Abstecher ins Methodist Hospital von Indianapolis, bevor der Ferrari-Star beruhigt mit dem achten Saisonsieg im Gepäck den Heimflug antrat.

"Schumi II" verbrachte die Nacht unter ärztlicher Beobachtung im Krankenhaus, bis auf ein paar Prellungen und einem schmerzenden Rücken hat der 28 Jahre alte BMW-Williams-Pilot seinen Crash in der Steilkurve bei Tempo 300 aber gut überstanden. Ob er in zwei Wochen beim Großen Preis von Frankreich in Magny-Cours wieder im Auto sitzen wird, liegt bei ihm selbst. "Wir warten erst mal ab, wie er sich am Montag fühlt", sagte BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen: "Dann muss er entscheiden, ob er fit ist."

Schwierige Situation

Nach einigen bangen Momenten für die Zuschauer, sein Team und besonders seinen Bruder, der hinter dem Safety Car mehrmals an dem BMW-Williams-Wrack vorbeifahren musste und Ralf jedes Mal noch im Cockpit sitzen sah, hatte Theissen als Erster Entwarnung gegeben.

Nachdem er im Medical Center der Rennstrecke hörte, dass Ralf Schumacher keine schweren Verletzungen erlitten hatte, ging der BMW-Mann persönlich zum benachbarten Ferrari-Kommandostand und gab die Information weiter. Von diesem Moment an konnte sich Michael Schumacher wieder ganz auf das Rennen konzentrieren und souverän Sieg Nummer acht im 9. WM-Lauf vor seinem Teamkollegen Rubens Barrichello nach Hause fahren.

"Hinter dem Safety Car ging es noch, ein normales Rennen wäre für mich in diesem Moment nicht möglich gewesen. Es war eine der schwierigsten Situationen meiner Karriere", gab der sechsmalige Weltmeister später zu und fühlte sich an Ralfs Testunfall in Monza im September 2003 erinnert. Damals hatte "Schumi II" zwar auch keine schwereren Verletzungen erlitten, zehn Tage später nach dem freien Training zum Großen Preis von Italien aber plötzlich Kopfschmerzen bekommen und daraufhin auf seinen Start im Rennen verzichtet.

Als Ursache für den Crash in Indianapolis wurde ein Schaden am linken Hinterreifen ausgemacht, vermutlich hervorgerufen durch kleine Wrackteile, die nach vorherigen Unfällen unter anderem von Renault-Pilot Fernando Alonso auf der Strecke gelegen hatten. Ralf Schumacher selbst hatte gar nicht mitbekommen, warum er plötzlich die Kontrolle über seinen Boliden verloren hatte. "Er hatte vorher keine technischen Probleme bemerkt und mich im Medical Center gefragt, was eigentlich passiert sei", berichtete Theissen.

Unverständlich war allerdings nicht nur für den BMW-Mann, warum es nach dem Unfall rund drei Minuten dauerte, bis die Ärzte beim umittelbar vor der Boxengasse auf der Zielgeraden liegenden BMW-Williams eintrafen. "Ich hatte schon den Eindruck, dass zu lange gedauert hat. In so einer Situation kommt einem das endlos vor. Drei Minuten sind zu viel", meinte Theissen.

Der Unfall von Ralf Schumacher und die Disqualifikation seines Teamkollegen Juan Pablo Montoya machten die Pleitenserie der Weiß-Blauen bei den beiden Nordamerika-Rennen in Montreal und Indianapolis perfekt. In Kanada waren Ralf Schumacher und Montoya eine Woche zuvor die Plätze zwei und fünf wegen nicht regelkonformer Lufteinlässe für die Bremsenkühlung nachtäglich aberkannt worden.

Michael Schumacher, der den Sieg durch ein Millimeter genau getimtes Überholmanöver gegen Barrichello beim Neustart nach der ersten Safety-Car-Phase sicherte und in der WM-Wertung jetzt 18 Punkte vor dem Brasilianer liegt (80:62), hat dagegen nur eine Sorge: "Bisher konnte ich mich in Amerika immer noch ungestört bewegen. Ich hoffe, daran ändert sich jetzt nichts."

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