Hindernislauf:Glücklich frieren

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Macht auch anderen Läuferinnen Mut: Gesa Felicitas Krause. (Foto: Yui Mok/dpa)

Gesa Krause hofft, ihren WM-Coup von vor zwei Jahren zu wiederholen. Ein kniffeliges Unterfangen - nicht nur wegen des Londoner Wetters.

Von Joachim Mölter, London

Manchmal ist es von Vorteil, so klein und zierlich zu sein wie Gesa Felicitas Krause, 1,67 Meter groß und dabei 50 Kilo leicht: Man kann sich dann noch durch den schmalsten Spalt zwängen. Krause hat diesen Größenvorteil am Mittwochabend in ihrem Vorlauf bei der WM in London über 3000 Meter Hindernis genutzt, als sie sich auf der Zielgeraden innen an der Marokkanerin Fadwa Sidi Madane vorbeidrängelte und so das Rennen noch gewann, vor Titelverteidigerin Hyvin Chepkemoi (Kenia). In 9:39,86 Minuten hatte sich Krause allerdings buchstäblich ins Finale gezittert, das an diesem Freitag (22.25 Uhr/ARD und Eurosport) gestartet wird.

Es war ein bitterkalter Regen herabgegangen über London an diesem Abend, "die Muskulatur wird einfach nicht richtig warm, man kühlt aus", berichtete Krause nachher, eingehüllt in eine Decke und Handtücher - und trotzdem immer noch bibbernd. Auch ihr Kollege Richard Ringer litt später unter den kühlen Temperaturen, als er in seinem 5000-Meter-Vorlauf ausschied. Irgendwann war ihm die Kälte in die Arme gekrochen, "sie wurden fest", erklärte er, deshalb verpasste er den Anschluss. Auch wenn es sich für Laien seltsam anhört: Die Arme geben den Beinen das Tempo vor; machen sie schlapp, geht's nicht mehr so schnell voran.

Was im Fall von Gesa Felicitas Krause freilich schlimmer war als die Kälte: In ihrem Vorlauf war die Gruppe erst einmal recht langsam dahingejoggt, das hatte ihr schon nach einem Kilometer Sorgen gemacht. "Während des Rennens wurde mir bewusst, dass es das gewesen ist, wenn ich hier nur Vierte werde", sagte die 25-Jährige, die für den Verein Silvesterlauf Trier startet. Aus den drei Vorläufen sollten ja nur die jeweils ersten Drei weiterkommen ins Finale, dazu weitere sechs Zeitschnellste. Und zu denen gehörte tatsächlich keine aus ihrer Gruppe, wie sich später herausstellte.

Vor zwei Jahren in Peking hat Gesa Felicitas Krause mit einer Bronzemedaille überrascht und den anderen deutschen Läuferinnen damit Mut gemacht, mit der scheinbaren Übermacht aus Afrika mithalten zu können. "Man sieht ja, da geht was", bestätigte in London jedenfalls Hanna Klein (Schorndorf), die als erste Deutsche seit 1991 bei einer WM ins 1500-Meter- Finale vorgedrungen war. Die 24-Jährige nahm dabei eine neue Erkenntnis mit von ihrem WM-Debüt: "Ich würde mir keine Grenzen setzen, dass ich sage, ich kann nicht schneller laufen als eine Afrikanerin. Im Rennen ist das auch Kopfsache, und die Afrikanerinnen haben den gleichen Kopf wie wir."

Sie haben dafür aber in der Regel sehr ausdauernde Beine, weshalb Gesa Felicitas Krause nun auch nicht sicher ist, dass sie ihren Coup von 2015 wiederholen kann. "So eine große Breite an guten Hindernisläuferinnen gab es noch nie", hat sie beobachtet. Krause wird trotzdem selbstbewusst antreten, sie ist zu Saisonbeginn einen neuen deutschen Rekord gelaufen (9:15,70 min), und sie hat sich gewissenhaft auf die WM vorbereitet. Sie reiste erst am Vorabend ihres Vorlaufs aus dem Höhentrainingslager in Davos an; mit ihrem Trainer Wolfgang Heinig hat sie nämlich festgestellt, dass ihre Leistungsfähigkeit am dritten Tag nach der Rückkehr aus der Höhe immer am größten ist - das wäre also am Final-Freitag. Wegen der späten Anreise war sie auch nur am Rande von der Krankheitswelle im deutschen Team betroffen - sie wurde gleich in ein anderes Hotel geschafft. "Ein bisschen schwierig ist es allerdings schon", klagte sie, "weil keine Physiotherapeuten da sind." Die hätten ihre festgefrorenen Muskeln ganz schnell wieder weichkneten sollen.

© SZ vom 11.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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