Hertha BSC:Wohlige Gefühle

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Vom Zerstörer zum Matchwinner: Innenverteidiger John Anthony Brooks (2.v.r.) köpft die Hertha gegen Leverkusen zum Sieg. (Foto: Tobias Schwarz/AFP)

Trainer Pal Dardai ändert gegen Leverkusen sein Konzept - und spricht von einer phasenweise perfekten Leistung seiner Mannschaft.

Von Korbinian Eisenberger, Berlin

Pressekonferenzen im Bauch des Olympiastadions sind für den Fußballlehrer Pal Dardai in diesen Wochen recht angenehme Rituale. Dardai sitzt dann meistens auf seinem Stuhl und erklärt, warum seine Mannschaft gewonnen hat. Auch an diesem Samstag grinste der Cheftrainer des Bundesliga-Klubs Hertha BSC in die Runde. Diesmal ließ er sich damit anmoderieren, dass er seinen Spielern nach dem 2:1-Heimsieg gegen Bayer Leverkusen nun erst mal einen zusätzlichen Tag freigeben werde. "Die Jungs haben sehr gut gespielt", sagte Dardai. Trainiert werde erst wieder am Dienstagmittag.

Herthaner zu sein, muss derzeit ein wohliges Gefühl sein. Vor allem nach diesem Samstagnachmittag, an dem endlich auch mal ein Sieg gegen einen sogenannten "Großen" der Liga gelungen ist, gegen einen Champions-League-Teilnehmer also. Bisher lief es in diesen Spielen für die Hertha nicht wirklich rund: In Wolfsburg setzte es zu Saisonbeginn ein 0:2, ehe die wiedererstarkten Gladbacher Dardais Elf Ende Oktober mit 4:1 aus dem Olympiastadion fegten. Und vor einer Woche setzte es dann ein 0:2 bei Serienmeister Bayern München. Gar nicht so unzufrieden sei er danach gewesen, sagte Dardai. Wirklich gefährlich wurde seine Elf den Münchnern aber nicht. Gegen Leverkusen versuchte Dardai es jetzt mit einem mutigeren Plan.

"Ich habe das Konzept verändert, damit wollten wir die Leverkusener überraschen", sagte Dardai. "Wir haben diesmal nach vorne verteidigt". Was er damit meinte, ließ sich ziemlich gut an Berlins Neuzugang Mitchell Weiser erkennen, der in München noch verletzt gefehlt hatte. Weiser beackerte die rechte Außenbahn, störte die Leverkusener Verteidiger schon im Aufbauspiel und leitete bei eigenem Ballbesitz immer wieder gefährliche Doppelpass-Stafetten ein. Weiser, der neben Leverkusens Möbelpackern in der Innenverteidigung fast wie ein Schulbube wirkte, wuselte und schnickte sich durch die Abwehrreihen. "Die erste halbe Stunde war sehr gut", sagte Dardai, später verwendete er dafür sogar das Prädikat "perfekt".

In der Liga warten nun erst mal kleinere Kaliber

Zur Perfektion fehlt dann aber doch noch ein ganzes Stück. Vor dem Strafraum wirkt Weiser mitunter dann doch ein wenig zu verspielt, die Tore besorgten auch gegen Leverkusen andere. Nach dem Treffer von Berlins Vladimir Darida (7.) und dem Platzverweis für Leverkusens Sebastian Boenisch (17.) schien für Berlin alles nach Plan zu laufen. Doch in Überzahl war Dardais Elf überraschenderweise zuerst die Kontrolle und dann die Führung abhanden gekommen: Chicharito glich in der 29. Minute zum 1:1 für die Werkself aus. Zur Halbzeit war die Partie trotz Leverkusener Unterzahl völlig offen.

"Die rote Karte hat uns mehr gestört als die Leverkusener", sagte Dardai in seiner Analyse. "Meine Mannschaft hatte danach mental zu tun", sagte er. Schließlich war es dann John Anthony Brooks vergönnt, seinem Trainer nach einer Stunde per Kopf das 2:1 - und damit den fünften Heimsieg im siebten Spiel zu bescheren. Die Berliner liegen jetzt nach Punkten gleichauf mit dem Tabellendritten Gladbach. "Das war der nächste Schritt, den wir uns gewünscht haben", sagte Dardai, der nun einen Großen geschlagen hat. In den Ligaspielen gegen Darmstadt und Mainz und im Pokal gegen Nürnberg warten jetzt zum Jahresabschluss noch drei kleinere Kaliber.

© SZ vom 06.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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