HC Erlangen steigt auf:Zwei Jahre reifer

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Weiß auf Schwarz: Linksaußen Jonas Link feiert vor der Anzeigentafel und mit den HCE-Fans das 33:22 in Hagen, das den Aufstieg bedeutet. (Foto: Zink/imago)

Von Saisonbeginn an hatten Erlangens Handballer die Rückkehr in die Bundesliga zum Ziel, von etwas anderem wollte niemand sprechen. Sechs Spieltage vor dem Saisonende steht der Aufstieg jetzt fest.

Von Fabian Swidrak

Wer am Mittwoch den Internetauftritt des HC Erlangen besuchte, konnte das Banner nicht übersehen. "Mission 1. Liga!" stand dort geschrieben, darüber der Abdruck eines Stempels mit der Aufschrift "completed" - erledigt. Die Rückkehr in die Bundesliga ist den Handballern aus Mittelfranken nach ihrem 33:26-Sieg beim VfL Eintracht Hagen am Dienstagabend nicht mehr zu nehmen, bereits sechs Spieltage vor dem Saisonende ist der souveränen Spitzenreiter der zweiten Liga nicht mehr von einem der drei Aufstiegsplätze zu verdrängen.

"Ich bin sehr stolz auf meine Jungs", sagte Trainer Robert Andersson noch in Hagen. "Sie haben seit Monaten hart gearbeitet und sich am heutigen Abend mit einem starken Auftritt selbst belohnt." Als mit der Schlusssirene der Aufstieg feststand, entkam der Schwede auch nicht der obligatorischen Bierdusche durch die Mannschaft, die ausgelassen mit den mitgereisten Fans feierte. Die Erleichterung über das Geschaffte war Spielern wie Betreuern anzumerken: Die Rückkehr in die erste Liga war für Erlangen kein Kann-Ziel. Sie war ein Muss-Ziel. Eine Mission, deren Scheitern nie eine akzeptable Option und deren rechnerische Erfüllung seit Wochen nur noch eine Frage der Zeit war.

61 Punkte hat der HCE jetzt - seit es die eingleisige zweite Liga gibt (2011/12), war niemand besser

Schon vor knapp einem Jahr, der HCE hatte die erste Bundesligasaison seiner Geschichte gerade auf einem Abstiegsplatz beendet, formulierten die Klubverantwortlichen den direkten Wiederaufstieg unmissverständlich als Auftrag für Mannschaft und Trainer. "Wir mussten diese Flucht nach vorne betreiben", sagt Aufsichtsratschef Carsten Bissel. Um die große Nürnberger Arena, in der der HCE seine Heimspiele austrägt, auch in der zweiten Liga zu füllen, habe man dem Publikum etwas bieten und den Aufstieg als Ziel daher so klar kommunizieren müssen.

Das Team hielt dem Druck stand und spielt eine herausragende Saison. Erlangen stellt die beste Offensive sowie die beste Defensive der zweiten Liga und gewann bislang alle 17 Heimspiele. 61 Punkte haben die Mittelfranken jetzt auf dem Konto - mehr als jedes andere Team seit Einführung der eingleisigen zweiten Bundesliga (2011/12) nach 34 Spieltagen. Unter Andersson haben sich zahlreiche Spieler in den vergangenen Monaten enorm weiterentwickelt. So reifte Rechtsaußen Ole Rahmel nach der schweren Knieverletzung von Kapitän Pavel Horak endgültig zum Führungsspieler und wurde ebenso in die deutsche Nationalmannschaft berufen wie Rückraumspieler Nikolai Link.

Der Kern der Mannschaft spielt seit zwei bis drei Jahren zusammen. Und dennoch ist das Team kaum mit dem Kader zu vergleichen, dem vor zwei Jahren erstmals der Sprung ins Oberhaus gelang. Nach dem Aufstieg 2014 spielten zahlreiche Erlanger zum ersten Mal in der Bundesliga, inzwischen verfügt beinahe die gesamte Mannschaft über Erstligaerfahrung. "Die Bundesliga war damals ein spannendes Abenteuer. Wir wussten nicht, was uns erwartet", sagt Bissel. "Diesmal wird sie eine schwierige Herausforderung, auf die wir uns freuen."

Die Kaderplanung für die Bundesliga ist beinahe abgeschlossen. Punktuell wird die Mannschaft verstärkt werden, mit namhaften und erfahrenen Spielern. Weil Erlangen die zweite Liga schon zu Saisonbeginn dominierte, konnten die Verantwortlichen früh mit potenziellen Zugängen verhandeln. Bereits im November verpflichtete der HCE mit dem früheren Weltmeister Michael Haaß (SC Magdeburg) einen Spieler, der laut Bissel "nie gekommen wäre, wenn nicht alle an den Aufstieg geglaubt hätten". Auch Torhüter Nikolas Katsigiannis, der vom THW Kiel zum HC Erlangen zurückwechselt, und der slowenische Kreisläufer Uros Bundalo (HBC Nantes) stehen als Verstärkungen fest. Einzig im rechten Rückraum gibt es noch eine personelle Lücke, die der Klub aber in den kommenden Tagen schließen will.

Verlassen werden Erlangen am Saisonende Kreisläufer Sebastian Preiß (Kreis), der zu seiner Familie nach Ostwestfalen zurückkehrt, und Tobias Rivesjö (Rückraum links), der zu Erstligist SC DHfK Leipzig wechselt. Keine neuen Verträge erhalten Jan Stochl (Tor), Denni Djozic (Linksaußen) und Oliver Heß (Rückraum rechts). Auch ob Christoph Nienhaus (linker Rückraum) bleiben darf, ist noch offen. "Wir haben nüchterne Entscheidungen getroffen, die uns außerhalb des Sportlichen sehr schwer gefallen sind", sagt Bissel. Vor zwei Jahren hatten die Erlanger noch all ihren Aufstiegshelden die Chance gegeben, sich in der ersten Liga zu beweisen. Damals sei das eine bewusste und richtige Entscheidung gewesen, sagt Bissel. Jetzt geht der Klub einen anderen Weg, einen professionelleren und reiferen.

Ein solches Verhalten verlangt Trainer Andersson von seiner Mannschaft trotz des feststehenden Aufstiegs auch für die ausstehenden sechs Spieltage. Am Freitag (19 Uhr) werden die Erlanger im Heimspiel gegen die HSG Nordhorn-Lingen von ihren Fans bejubelt werden. "Wir mussten dem Trainer aber versprechen, die ganz großen Feierlichkeiten zu verschieben und uns weiter zu konzentrieren", sagt Bissel. Die Meisterschaft sei nun das Ziel. "Robert würde alles andere nicht akzeptieren."

© SZ vom 28.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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