Hart erkämpftes 2:2 gegen Milan:Festspiel in Schalke

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Mit stehenden Ovationen feierten die Fans die Königsblauen nach einem leidenschaftlichen Spiel gegen den AC Mailand. Dabei hatte es keine 23 Sekunden gedauert und Schalke hatte bereits das erste Tor kassiert.

Genau ein Jahr nach seinem Amtsantritt bei Schalke 04 wähnte sich Ralf Rangnick gestern Abend auf dem vorläufigen Höhepunkt seiner bei Viktoria Backnang und dem SSV Ulm begonnenen Laufbahn. Und das Spiel gegen den AC Mailand, Champions-League-Finalist im Vorjahr und Favorit auch in dieser Saison, enttäuschte nicht die hohen Erwartungen des Trainers.

Schalkes Rafinha kämpft mit Mailands Clarence Seedorf um den Ball. (Foto: Foto: AP)

Als Schiedsrichter Claus Bo Larsen die Begegnung nach turbulenten 93 Minuten für beendet erklärte, gab es Ovationen von einem vollständig begeisterten Publikum und Rangnick durfte sich über ein 2:2 freuen, das seine Mannschaft mit leidenschaftlichem Kampf und großer Leistung verdient hatte. Da war auch Manager Rudi Assauer zufrieden: "Mailand hat eine absolute Super-Mannschaft, und wir haben mehr als gut dagegengehalten. Mit ein bisschen Glück hätten wir sogar gewinnen können."

Dabei begann das Spiel, das in Gelsenkirchen als Festveranstaltung proklamiert war und selbstredend vor ausverkauftem Haus ausgetragen wurde, für die Schalker als Albtraum: Kaum hatte Larsen die Manege freigegeben, da lag der Ball schon im Tor von Frank Rost. 23 Sekunden waren seit dem Anpfiff vergangen. Poulsen hatte im Mittelfeld den Anschluss an Milans holländischen Antreiber Seedorf verloren, der mehr oder weniger aus Verlegenheit aufs Tor zuhielt. Torwart Rost machte dann gleich zwei Fehler auf einmal: Er sprang zu spät und griff daneben. Es stand 0:1.

Lohn für Unerschrockenheit

Die Schalker reagierten jedoch erstaunlich gefasst auf den Fehlstart. Sofort übernahmen sie die Initiative und fraßen sich in der Angriffshälfte fest. Der Lohn für ihre Unerschrockenheit kam prompt. Lincoln schummelte sich in den Strafraum, und sein abgefälschter Schussversuch landete bei Angreifer Larsen, der den irritierten Torwart Dida mit einem Kopfball aus dem Fünf-Meter-Raum zum 1:1 überwand. Da hatte sich schon ausgezahlt, dass Rangnick dem zuletzt bestens aufgelegten Larsen den Vorzug gab vor dessen erfahrenen Landsmann Ebbe Sand.

Ohnehin ließ der Trainer jene Elf spielen, die am Samstag Hannover 96 2:0 besiegt hatte. Auch taktisch behielt er die kreative Formation bei, was bedeutete, dass Rodriguez wieder in der Innenverteidigung spielte und Krstajic hinter Kobiaschwili die linke Seite bediente. Die Variante bewährte sich erneut, Mailands stürmischer Verteidiger Cafú wurde in seinem Spielraum wesentlich eingeengt. So erging es aber nicht nur dem brasilianischen Weltmeister. Schalke bearbeitete den favorisierten Gegner mit energischem Pressing und machte das Spiel eng, wobei Poulsen die schwierige Aufgabe erhielt, den Radius von Spielmacher Kaká zu stören.

So ergab sich in der ersten Halbzeit eine offene Partie, in der die Schalker die besseren Möglichkeiten hatten. Kuranyi, ungeheuer fleißig und neben dem starken Lincoln einer der auffälligsten Männer im Team, verfehlte mit einem Kopfball und einem Schuss von der Strafraumgrenze knapp sein Ziel. Die Mailänder brachten ihre gefährlichen Spitzen Schewtschenko und Gilardino dagegen kaum zur Geltung, auch deshalb, weil sie oft in die Abseitsfalle liefen.

Flatternder Fernschuss

Gegen Ende der ersten Halbzeit entwickelten die Gäste aber eine leichte Überlegenheit. Ihr Spiel war präziser und kostete dadurch weniger Kraft. Diese Tendenz setzte sich auch in der zweiten Halbzeit fort. Schalke hielt sein aufwändiges Niveau, lief nun aber öfter hinterher, die heiklen Momente nahmen zu. So fiel das 1:2 durch Schewtschenkos Kopfball (59.) nicht unvermittelt, auch die Vorgeschichte hatte sich angedeutet.

Maldini ließ auf der linken Angriffsseite den schwach spielenden Ernst mit einer Körpertäuschung ins Leere rutschen und flankte in die Mitte, wo Rodriguez zu spät kam. Doch auch diesem Schock widersetzten sich die Schalker. Rangnick ersetzte Ernst durch Altintop, der sich schnell und effektiv ins Geschehen einfügte - und nach 70 Minuten um das 2:2 verdient machte: Von seinem arglistig flatternden Fernschuss ließ sich Dida überraschen.

Danach nahm die Intensität der ohnehin schwer bewegten Partie sogar noch zu: Die Schalker fassten neuen Mut und kamen zu weiteren Chancen. Kuranyi köpfte knapp neben das Tor, bevor er sich völlig entkräftet auswechseln ließ, und gegen Larsens Kopfball musste Dida einen gewaltigen Hechtsprung aufbieten, um das 2:3 zu verhindern. Bis zur letzten Sekunde hielten die Aufregungen vor beiden Toren an - das Remis war aber eine gerechtes Urteil für ein von beiden Parteien großartig geführtes Fußballspiel.

© SZ vom 29.9.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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