Hannover gewinnt 2:0:Ein hässliches Spiel

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Kein leichtes Spiel: Nicolai Müller (mi.) beißt sich aber auch gegen Nürnbergs Matheus Pereira durch und macht zwei Tore für Hannover. (Foto: Swen Pförtner/dpa)

Im Kellerduell gegen den 1. FC Nürnberg gewinnt Hannover 96 dank Nicolai Müller - und verbessert sich auf Tabellenplatz 17. Die Nürnberger hadern mit einer frühen roten Karte.

Von Felix Haselsteiner, Hannover/München

"Beim HSV habe ich gelernt, dass es nie zu spät ist, es gibt immer eine Chance", sagte Nicolai Müller einmal über seine Erfahrungen im Bundesliga-Abstiegskampf und meinte damit die Jahre, die er beim Hamburger SV im Tabellenkeller verbracht hat. Seit Anfang Januar nun ist Müller wieder bei einem HSV, diesmal jedoch bei dem aus Hannover, der dringend nach Spielern mit Erfahrung im Kampf gegen den Abstieg gesucht hat, weil man in Tabellenregionen abgerutscht war, in denen Durchhalteparolen häufig zu hören sind. Dass Hannover auch nach dem Kellerduell gegen den Tabellennachbarn aus Nürnberg weiterhin eine Chance hat, war ebenfalls mit Müller zu verbinden: Beim 2:0-Heimsieg gegen die Franken traf der Stürmer zweimal und sicherte seiner Mannschaft drei dringend benötigten Punkte.

Und damit zu dem Spiel, das im Vorlauf den unrühmlichen Titel "El Kackico" erhalten hatte - aus gutem Grund: Die schlechteste Auswärtsmannschaft (zwei Punkte) traf auf die schlechteste Heimmannschaft (sieben Punkte), nur der VfB Stuttgart kassierte wie Nürnberg und Hannover schon beachtenswerte 44 Gegentore und beide Mannschaften hatten die Rückrunde so begonnen, wie sie in der Hinrunde aufgehört hatten - mit einem bzw. keinem Punkt aus den ersten vier Spielen.

Club-Manager Bornemann sieht die Schuld auch beim Schiedsrichter

Die Nürnberger hatten unter der Woche beim Pokal-Ausscheiden in Hamburg gerade einmal einen Torschuss zustande gebracht, auch deshalb rotierte Trainer Michael Köllner in Hannover: Er brachte den wiedergenesenen Tim Leibold in der Viererkette, den 20-Jährigen Simon Rhein im zentralen Mittelfeld und das neue Sturmduo aus Adam Zrelak und dem jungen Törles Knöll - letzterer hatte das Hinspiel gegen Hannover mit seinem ersten Bundesligatreffer entschieden. Diesmal nahm sein Mitspieler Rhein die Hauptrolle ein: In der 11. Minute kam Rhein bei einer eigentlich harmlosen Situation im Mittelfeld deutlich zu spät und erwischte Hannovers Außenverteidiger Julian Korb mit offener Sohle am Knie. Der Platzverweis war die logische Konsequenz - doch die Nürnberger hinterfragten die Entscheidung von Schiedsrichter Tobias Welz nach dem Spiel überraschend deutlich. "Die rote Karte war aus meiner Sicht keine", sagte Manager Andreas Bornemann im Interview bei Sky, Torwart Christian Mathenia kreierte gar eine neue Kartenfarbe und meinte: "Vielleicht hätte man auch Dunkelgelb geben können, direkt Rot zu geben war schon hart." Lautstarke Nürnberger Kritik am Schiedsrichter gab es auch für die fünf Minuten Nachspielzeit in der ersten Halbzeit: "Wir können in Zukunft auch einfach würfeln, wie viele Minuten es draufgibt", sagte Bornemann.

Der Grund für die ausdrücklich negative Meinung zu den Extra-Minuten vor dem Halbzeitpfiff war der Hannoveraner Führungstreffer mit dem letzten Angriff der ersten Hälfte: Stürmer Hendrik Weydandt setzte sich nach einer Flanke im Strafraum gegen Nürnbergs Ewerton durch und legte auf Nicolai Müller ab, der zum 1:0 einnickte. Eine schmeichelhafte Führung für die Niedersachsen, die erst nach 25 Minuten besser ins Spiel gefunden hatten. Über weite Strecken spielten die Nürnberger in Unterzahl einen passablen Konterfußball und hätten durch Knöll in der 18. und Zrelak in der 31. Minute durchaus in Führung gehen können. "Hannover war nicht besser, nicht mal in Überzahl", bilanzierte Bornemann und hatte in diesem Fall durchaus Recht.

In der zweiten Hälfte verharrte das Spiel auf dem Tabellenstand angepassten, äußerst niedrigen Niveau, keine der beiden Mannschaften schaffte es, irgendwelche offensiven Akzente zu setzen. "Es war im Großen und Ganzen kein schönes Spiel", sagte auch Hannovers Marvin Bakalorz, dessen Mannschaft jedoch wenigstens einen guten Angriff zustande brachte. Jonathas schickte Müller, der Ewerton stehen ließ und an Mathenia vorbei ins lange Eck verwandelte, das 2:0 in der 77. Minute beendete auch die letzten Nürnberger Ambitionen auf einen Punktgewinn. Bornemanns Fazit fiel dennoch positiv aus: "Der Mannschaft mache ich heute keinen Vorwurf. Die haben das mit einer guten Spielidee gemacht, ich fand, dass wir gut auf dem Platz waren. Müller hat das gut gemacht, aber eigentlich waren beide Tore auch Geschenke von uns."

Wesentlich selbstkritischer zeigten sich die Hannoveraner. "Wir sollten mit beiden Beinen auf dem Boden bleiben, wir werden keine Parolen raushauen, weil wir jetzt mal 2:0 gewonnen haben", sagte Trainer Thomas Doll: "Die Einstellung hat gestimmt, vielleicht fällt der ein oder andere Rucksack jetzt mal ab." Torschütze Müller stimmte ähnliche Töne an: "Ich glaube wir brauchen noch viel mehr, um da unten rauszukommen, aber es ist ein guter Anfang", sagte er und wurde von Kapitän Waldemar Anton prompt zu einer Essenseinlandung verpflichtet. "Die Jungs können mir sagen, wo sie hinwollen", sagte Müller und fügte an, er selbst kenne sich in Hannover noch nicht so gut aus. Doch wegen seiner Erfahrungen mit der Restaurantszene der niedersächsischen Hauptstadt haben sie Müller ja ohenhin nicht geholt.

© SZ vom 10.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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