Hamburger SV:Beiersdorfer schwer unter Druck

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Schon vor dem Champions-League-Spiel trifft sich der Aufsichtsrat, um über Trainer Doll und Sportchef Beiersdorfer zu beraten.

Sichtlich stolz war Dietmar Beiersdorfer, als er "seinen" Weltstar endlich präsentieren durfte. "Er ist ein international bewährter Spieler, der uns viel Stabilität geben wird", sagte der Sportchef des Hamburger SV. Das war am 30. August. Würden Seifenblasen laut zerplatzen, könnte man den Knall wohl bis Argentinien hören. Der Transfer des langhaarigen Mittelfeldspielers ist zum Paradebeispiel für Hamburgs verunglückte Einkaufspolitik in dieser Saison geworden.

2,5 Millionen Euro Ablöse plus 500.000 Euro Handgeld hat der HSV für den 30-Jährigen bezahlt, der mit 2,7 Millionen auch Topverdiener im ohnehin nicht billigen Kader ist. Als Kapitän hatte er die argentinische Nationalmannschaft bei der WM aufs Feld geführt und der HSV erhoffte sich, dass Sorin das Vakuum an Team-Leadern füllt. "Er kann bei uns zur absoluten Führungsfigur werden", so Beiersdorfer im August. Seitdem hat Sorin grade einmal sieben Bundesligaspiele und zwei Champions-League-Partien bestritten.

Auch am Mittwoch beim letzten Auftritt des HSV in der europäischen Königsklasse gegen ZSKA Moskau sah er wieder nur zu. Muskelfaserriss in der Wade, erlitten beim 1:2 in Bochum letzten Samstag. Aus für den Rest der Hinrunde. Nur 33 Minuten hatte er im Ruhrstadion gespielt, ein Comeback nach nur einer Trainingseinheit und vier Wochen Verletzungspause. Vielleicht zu früh, aber die Ärzte hatten ihn für fit erklärt. Doch seit er in Hamburg angekommen ist, plagt sich der 30-Jährige mit Muskelverletzungen herum, musste drei Wochen auf seine Bundesligadebüt warten. Die erhoffte Verstärkung war er jedenfalls nie.

Zu hoch gepokert

So gerät auch Beiersdorfer inzwischen unter Druck und muss den Aufsichtsräten unangenehme Fragen beantworten. Der 43-Jährige ist bei seinen Einkäufen mehrmals das Risiko eingegangen, zuvor langzeitverletzte Spieler zu holen, die der HSV wohl nur wegen der Fragezeichen hinter ihrem körperlichen Zustand bekommen konnte.

Beiersdorfer und Trainer Thomas Doll, der stets betont, in alle Personalentscheidungen eingebunden zu sein, haben dabei hoch gepokert und sich offensichtlich ein paarmal verzockt. Benny Lauth beispielsweise kam 2004 für 4,2 Millionen mit einem Mittelfußbruch, von dessen Folgen er sich bis heute nicht erholt hat. Rafael van der Vaart hatte eine schwere Knieverletzung hinter sich, bevor er beim HSV anheuerte. Immer wieder spielt der eher zierliche Körper dem Niederländer einen Streich, der fast die gesamte letzte Rückrunde und den Saisonstart in dieser Saison fehlte.

Abwehrtalent Vincent Kompany konnte der HSV nur deshalb für acht Millionen Euro vom RSC Anderlecht holen, weil Topvereine wie der FC Chelsea wegen einer langwierigen Knieverletzung ihr Interesse an dem 20-Jährigen verloren hatten. Kompany hat ebenfalls nur sechs Bundesligapartien bestritten, er musste sich inzwischen einer Operation an der Achillessehne unterziehen und fehlt noch bis März.

Ob Sorin nach der Winterpause noch zum HSV-Kader gehört oder wieder einmal weiterzieht, scheint unklar. Inzwischen tauchen erste Gerüchte in einschlägigen Internet-Foren auf, dass der Südamerikaner trotz Vertrag bis 2009 den Abgang aus Hamburg sucht.

"Der HSV ist ein großer Verein", sagte Sorin bei seiner Verpflichtung. Kaum vorstellbar, dass er das immer noch so sieht.

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